"Der weite Weg" von Jaquimo Talaan
© 2000 by Christoph Günther
letzte Änderung: 22.04.2001
Diese Geschichte ist auf Grund sexuellen Inhalts erst ab 18 Jahre aufwärts geeignet.
Sheema, Raakh, Gerohen und Kelandra sind meine Charaktere und unterliegen dem selben Copyright wie die Geschichte. Bitte nicht ohne mein Einverständnis verwenden.
  Dies ist die erste Geschichte, die ich je veröffentlicht habe (auch wenn auf meiner Festplatte mehr als 250 von mir geschriebene Seiten einstauben) und ich HUNGERE nach Feedback! Jegliche Form von ernstgemeinten Kommentaren ist mir willkommen.
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Der weite Weg

Es war heiß. Es war immer und überall heiß auf Veraneha, dem südlichen Kontinent. Und obwohl den Bürgern von Shambar der Schweiß in satten Tropfen auf der Stirn stand, beklagte sich niemand. Ursprünglich aus dem hohen Norden stammend, waren die Menschen hier schon seit Jahrhunderten heimisch und ertrugen die Hitze mit stoischer Gelassenheit.
  Raakh schloss kurz die Augen und gab sich dem Gefühl hin, wie die Sonne sein Fell wärmte. Die häufigste Frage, die von den Felllosen an ihn gerichtet wurde war, wie die Kri bei dieser Hitze nur mit soviel Haaren auf dem Körper überleben konnten. Und immer war seine Antwort die selbe: "Dies ist unsere Heimat, seit dem Anbeginn der Zeit."
  Das war inzwischen bei vielen Menschen in Vergessenheit geraten. Und tatsächlich gab es auf Veraneha weitaus mehr Menschen als Kri. In den von den Menschen erschlossenen Gebieten galten die Kri sogar als Seltenheit.
  Deshalb wunderte sich Raakh nicht sonderlich, als er das Starren einer jungen Frau bemerkte, die mitten im Strom der Menschen stehen blieb und ihn mit ihren seltsamen dunklen Augen musterte. Er ignorierte sie und ging zu einem Stand des Marktes, an dem Tierhäute zum Kauf angeboten wurden.
  "Seit gegrüßt, Sohn des Wüstenvolkes. Wie kann euch ein bescheidener Kürschner zu Diensten sein?"
  Raakh neigte seinen Kopf kurz zu einem Gruß. "Seit gegrüßt Sohn des Nordens. Ich brauche Wasserschläuche."
  Es war genauso unpassend die Kri Kinder der Wüste zu nennen, wie die Menschen, die schon seit Generationen auf Veraneha lebten, als Kinder des Nordens zu bezeichnen. Die Kri lebten jenseits des Herzens der Großen Wüste. Aber es war der althergebrachte Gruß zwischen den Spezies und jeder ließ es dabei bewenden.
  Während der Händler beflissen seine Ware zeigte und das menschentypische Spiel des Feilschens begann, bemerkte Raakh wieder Blicke auf sich ruhen. Ein flüchtiger Seitenblick zeigte ihm wieder jene junge Frau, die ihm schon zuvor aufgefallen war. Er ignorierte sie.
  "Ich gebe mich geschlagen.", lachte Raakh, als der Händler seinen letzten Preis noch einmal bekräftigte. "Ich werde um 31 Kupfer ärmer, aber um zwei hervorragende Wasserschläuche reicher sein." Er griff in eine Falte seines Gewands und brachte genau die richtige Summe hervor.
  Nachdem Geld und Schläuche ihre Besitzer gewechselt hatten, meinte der Händler zufrieden: "Diese feinen Schläuche werden euch einen guten Dienst auf dem Weg leisten. Wind und Schatten, Sohn der Wüste."
  "Das werden sie. Der Weg nach Karang wird mit ihnen nur halb so beschwerlich sein. Kühler Wind und tiefe Schatten auch euch."
  Als er sich die leeren Wasserschläuche über die Schulter gestreift hatte und sich zum Gehen umdrehte stand diese Frau direkt vor ihm. Er musterte sie neugierig. Sie war hartnäckiger als andere Menschen.
  Sie räusperte sich verlegen, als wäre ihr erst jetzt die Idee gekommen, dass sie ihn unhöflich anstarrte. "Du... du bist ein Kri.", stellte sie fest.
  Raakh wunderte sich immer wieder über diese Feststellung. "Stimmt. Hat mich mein Akzent verraten?" Er zuckte leicht verärgert demonstrativ mit seinem Schwanz, der zum Teil unter seinem Gewand hervorschaute und zog mit den Krallen an seinem rechten Fuß vier dünne Linien in den Staub der Straße.
  Die Frau errötete wegen der sarkastischen Bemerkung und begann sich zu entschuldigen. "Es tut mir leid, aber..."
  "Nimm es mir nicht übel, Kind des Nordens, aber ich habe es allmählich satt ständig angestarrt zu werden. Der Tag war lang und heiß, der Weg auf dem ich kam war es ebenso. Ich sehne mich nach einem Bett. Gehabt euch wohl."
  Ohne eine Antwort abzuwarten, schob er sich mit einer geschmeidigen Schnelligkeit an ihr vorbei, die seiner Rasse eigen war, und ließ sie hinter sich zurück.
  "Du willst nach Karang.", erklang ihre Stimme hinter ihm.
  Seufzend blieb er stehen. "Und du willst, dass ich dich mitnehme."
  "Ja..."
  "Tut mir leid, Mensch. Aber ich reise nicht in Begleitung eines eurer Rasse."
  "Warum diese Feindseeligkeit?", fragte sie mit einem Lächeln. Sie wusste, dass er es nicht so gemeint hatte.
  "Du würdest mich nur aufhalten. Außerdem ist der Weg weit und gefährlich."
  "Ein Grund mehr, nicht allein zu reisen."
  "Du erweckst nicht den Eindruck, über irgendwelche Fähigkeiten des Kampfes zu verfügen, Mädchen."
  Sie blickte kurz zu Boden und es schien, als würde sie endlich aufgeben. Doch als sie ihr Haupt erhob, bemerkte er ihren trotzigen Blick. "Ich..."
  Ein tiefes Knurren entwich der Kehle Raakhs und die Frau wich einen kleinen Schritt zurück. "Hör zu, Mensch. Shambar ist eine schöne Stadt zum Leben. Lass dich hier nieder und meide die Gefahren der Savanne und der Wüste. Ich habe es eilig. Du hältst mich auf. Wind und Schatten."
  Als er sich umdrehte und weiter auf das Gasthaus zuhielt, in dem er übernachten wollte, fürchtete er beinahe, ihre Stimme noch einmal zu hören. Aber bis auf die Geschäftigkeit der Straße blieb es still.

Sie hatte es verdorben. Den einzig wirklich sicheren Weg, um nach Westen zu kommen.
  Erst war sie überrascht, einen Kri zu sehen. Die Kinder der Wüste waren selten und sie hatte noch nie zuvor einem gegenübergestanden. Er war noch beeindruckender gewesen, als sie es sich vorgestellt hatte.
  Die Rasse der Kri war mit den Raubkatzen der Savanne verwandt und hatte viel von deren geschmeidigen Art der Bewegung und noblen Aussehens in sich. All das hatte sie erwartet, aber sie hatte irgendwie das Bild einer auf zwei Beinen laufenden Großkatze im Kopf gehabt. Nicht aber diese rubinroten, intelligenten und irgendwie weise blickenden Augen.
  Das hatte sie aus dem Konzept gebracht und sie hatte sich verhalten wie ein Idiot. Sie wusste, das Kri häufig allein reisten, aber sie hatte irgendwie erwartet ihn überreden zu können. Statt dessen hatte sie nicht auf das gehört, was er sagte und stur versucht, ihr Ziel zu erreichen.
  Wie sie jetzt nach Karang kommen sollte, wusste sie nicht, aber sie würde schon einen Weg finden. Bis hierher hatte sie es ja auch geschafft.

Raakh ging zwei Tage später durch die Straßen von Shambar, um letzte Vorräte für den morgigen Aufbruch zu besorgen, als er die junge Frau wiedersah. Und wie er insgeheim befürchtet hatte, steckte sie in Schwierigkeiten. Nur hatte sie damit nicht einmal gewartet, bis sie die Stadt verließ.
  Sie unterhielt sich mit einem freundlich dreinblickenden Mann, der die Kleidung eines Karawanenführers trug. Der Mann sprach ruhig mit der Frau, war freundlich und vertrauenswürdig. Raakh kannte diesen Mann.
  Er deutete einladend in eine Richtung und die Frau machte tatsächlich Anstalten, ihm zu folgen. Raakh schätzte rasch die Entfernung zu ihnen und den Strom der Menschen ab. Er würde es nie schaffen sie wiederzufinden, wenn er sie im Getümmel erst einmal verlor.
  Dennoch drängte er sich durch die Menge und erntete ärgerliches Gemurmel. Auf einmal schienen sich die Menschen nicht mehr dafür zu interessieren, dass er ein Kri war. Verzweifelt merkte er, dass sich die Frau und der Mann einer Gasse näherten und seinem Blickfeld entschwinden würden.
  Raakh holte tief Luft und stieß ein mächtiges Brüllen aus, um das ihn jeder Löwe beneidet hätte. Die Geschäftigkeit auf der Straße erstarrte und jegliche Stimmen verstummten. Der Mann, der die junge Frau wegführen wollte, wirbelte herum und wurde kreidebleich, als er Raakh erblickte.
  "Shamir Bandar!", rief Raakh über die Köpfe der gaffenden Menge hinweg und er schritt auf den erstarrten Mann zu. Die Menge teilte sich und gab den Weg ohne Widerstand frei. Auch wenn Kri als friedfertig galten, wusste jeder Mensch auf Erden, dass man sich einem zornigen Kri nicht entgegenstellte. Und Raakhs Augen sprühten Zornesfunken.
  Bandar blickte sich nach Hilfe um und fand keine. Dann machte er Anstalten sich zu verdrücken.
  "Shamir Bandar!", rief der Kri erneut. "Wage es, dich zu verstecken, und ich werde dich in der Savanne jagen!"
  Das brachte den Mann zum Stehen. "Was willst du von mir, Raakh?", fragte er mit fester Stimme, doch der Kri konnte auch ein wenig Angst vibrieren hören. "Ich habe mich an unsere Abmachung gehalten. Ich bin jetzt ein unbescholtener Bürger."
  Raakh blieb vor Bandar stehen und ignorierte die bösen Blicke der Menschenfrau an dessen Seite. "Ich würde es dir ja sogar glauben, Shamir, dass du dich tatsächlich gewandelt hast. Sonst hätte ich dich damals nicht laufen lassen. Aber ich glaube nicht, dass du dich so sehr verändert hast, dass du zum selbstlosen Menschenfreund wirst und einfach so fremden Frauen ohne viel Geld in der Tasche nach Karang Geleitschutz bietest."
  "Es ist mir doch gleichgültig, was du glaubst Raakh.", erwiderte der Mann trotzig. Seine plötzliche Selbstsicherheit alarmierte den Kri. Seine aufgerichteten Ohren zuckten und er vernahm kaum hörbare Schritte hinter sich. Die einzigen Schritte auf der an sonst immer noch erstarrten Straße. Die Augen der Menschenfrau weiteten sich überrascht.
  Plötzlich hielt Raakh zwei Waffen in seinen Händen und wirbelte herum. Den Hieb eines Krummsäbels, der auf ihn niederging, parierte er mit einem metallenen Stab in seiner Linken, während die schmale, scharfe Klinge in seiner Rechten präzise zustieß. Mit ungläubig geweiteten Augen sah der Angreifer an sich hinab und sackte dann zu Boden. Blut floss ihm aus dem Mund und dem getroffenen Hals.
  Mit einer weiteren fließenden Bewegung drehte sich Raakh wieder zu Bandar um und stoppte seinen Streich kurz vor dessen Kehle. Bandar ließ den Dolch, den er erst halb aus seinem Umhang gezogen hatte, klirrend zu Boden fallen.
  Raakh erhob seine Stimme: "Dieser Mann", rief er für jeden hörbar, "ist ein Sklavenhändler." Ein Raunen ging durch die Menge. Sklaverei war in den freien Städten nicht sehr beliebt. Die Menschenfrau gab einen überraschten Laut von sich und sah den nun nicht mehr so freundlich aussehenden Mann ungläubig an.
  "Du kannst mir nichts beweisen.", zischte Bandar leise. "In Shambar bin ich ein unbeschriebenes Blatt."
  Raakh beugte sich zu dem Menschen vor, so dass seine Nase fast die von Bandar berührte, und ließ seine spitzen Fangzähne aufblitzen. "Entweder du gestehst, Sklavenhändler,", knurrte er eben so leise, "oder man wird irgendwann deine Leiche in der Savanne mit durchbissener Kehle finden."
  "Das kannst du nicht tun!", jammerte Bandar.
  "Du weißt, wie sehr wir Kri die Sklaverei hassen."
  "Sie werden dich dafür verhaften!"
  "Es wird wie der tödliche Überfall eines Löwen aussehen, glaube mir. In Shambar gibt es hingegen keine Todesstrafe."
  Bandars Blick zuckte zwischen Raakh und zwei Stadtwachen, die sich nährten, hin und her. Immer wenn er die gebleckten Zähne des Kri sah, sah er schnell wieder weg.
  "Gut. Gut!", rief er schließlich. "Nehmt mich mit und haltet mir diese Bestie vom Hals!"
  Raakh ließ die Klinge und den Stab wieder unter seinem Gewandt verschwinden, als die Wache Bandar ergriff. Er blickte auf die Leiche von Bandars Schläger hinab und schüttelte den Kopf. "Was für eine Verschwendung von Leben."
  Die Lage auf der Straße normalisierte sich allmählich und die Menschen kamen wieder in Bewegung. Nachdem die Wache gegangen war, widmete er seine Aufmerksamkeit dieser Menschenfrau, welche ihm den ganzen Ärger eingebrockt hatte.
  Sie war ungefähr zwanzig Jahre alt, vielleicht älter, einen halben Kopf kleiner als er und hatte braunes, langes Haar, das sie hinten lose zusammengebunden trug. Ihre dunklen Augen schimmerten ungläubig. Raakh vermutete, dass sie für einen Menschen recht attraktiv aussehen musste.
  "Er schien so ein freundlicher und hilfsbereiter Mensch zu sein.", sagte sie schließlich, nachdem sie sich eine ganze Weile stumm gemustert hatten.
  "Das tun sie immer. Wo kommst du her, Kind des Nordens?"
  "Aus Singul.", antwortete sie leise.
  Raakh schnappte überrascht nach Luft. "Aus Singul? Du sagtest du willst nach Karang. Singul liegt am westlichen Meer, über drei Mondzyklen entfernt!"
  "Karang ist der erste Schritt nach Westen.", erwiderte sie mit einem leicht trotzigen Unterton.
  Raakh schüttelte seinen Kopf und zog grübelnd seine Augenbrauen zusammen. Singul! Er konnte unmöglich bis Singul gehen. Er hatte einen Eid geleistet, und den würde er nicht vergessen, bis er ihn erfüllt hatte. Dieser Mensch gefährdete alles.
  "Hör zu. Ich werde dich bis Karang begleiten, auch wenn ich durch dich einige Tage verlieren werde. Diese Stadt ist ein wenig sicherer als Shambar und ich habe Freunde dort, welche dir auf deiner Reise helfen können."
  Das Gesicht des Menschen hellte sich auf. Sie schien ihr Glück kaum fassen zu können. "Ich danke dir, äh... Raakh! Richtig?"
  "Ich hoffe nur, ich werde es nicht bereuen.", murmelte Raakh laut genug, dass sie es hören konnte und ihr Gesicht verfinsterte sich wegen seines düsteren Tonfalls.
  "Ich bin Kelandra.", stellte sie sich vor und reichte ihm mit einem vorsichtigen Lächeln die Hand.
  Raakh seufzte und ergriff sie. "Jetzt wo es keinen anderen Weg zu geben scheint, freue ich mich, dich kennen zu lernen, Kelandra."

Sie musste sich zusammenreißen, um nicht hin und wieder vor Freude aufzulachen. Sie hatte ein unglaubliches Glück gehabt, dass Raakh sie vor diesem verdammten Schwein von Sklavenhändler gerettet hatte und nun nahm er sie mit nach Karang!
  Immer, wenn ihr doch ein herzensfrohes Kichern entwischte, warf ihr Raakh einen düsteren Blick zu, der sie sofort dämpfte. Zunächst hielt sie Raakh für einen Grießgram, dann für ungewöhnlich schweigsam. Und nun, als sie nach einigen Besorgungen im Gasthaus ankamen war ihr schleichend klar geworden, dass er sich ernste Sorgen um etwas zu machen schien. Sorgen die sich ihretwegen vergrößerten.
  Er redete eine Weile mit dem Wirt und kam dann zu ihrem Tisch. Er aß schweigend und bezahlte ohne weiteren Kommentar ihre Mahlzeit, worüber Kelandra sehr froh war. Ihre Geldreserven waren zu einem unscheinbaren Häufchen zusammengeschrumpft.
  Als das Essen beendet war, erhob er sich und ging zu der Treppe, die zu den Schlafräumen hoch führte. "Der Wirt sagte, alle Zimmer währen belegt. Du schläfst bei mir. Die Wirtin hat das Bett frisch herrichten lassen."
  Bevor sie irgendetwas erwidern konnte, war er schon halb oben, ohne sich nach ihr umzublicken. "Wenn man mich so freundlich einlädt...", sagte sie resigniert und erhob sich ebenfalls. Die Zeit mit Raakh würde nicht leicht werden, Sicherheit hin oder her.
  Er wartete oben an einer Tür auf sie, und als er bemerkte, dass sie ihn sah, verschwand er in dem Zimmer. Ihre Kinnlade klappte herunter, als sie es betrat. Dies war mit Abstand das größte und schönste Zimmer, dass sie je gesehen hatte: weiche Teppiche bedeckten den gesamten Boden, Vorhänge aus feinen Stoffen wehten am Fenster gemächlich vor sich hin und das ebenerdige Bett war groß genug, um fünf Menschen platz zu bieten.
  Raakh indes schien diese Schönheit nicht zu bemerken. Er zog sein Gewandt aus und behielt nur eine ebenso großzügig geschnittene Hose an, die bis zu seinen Sprunggelenken reichte. Er rollte sein Gewand zu einer kleinen Rolle zusammen und legte sie auf den Boden. Als er sich niederlegte, benutzte er sie als Kopfkissen und schloss die Augen.
  Aber sie stellte amüsiert fest, dass ihr seine Ohren folgten, als sie durch das Zimmer schritt. An der Tür hatte sie ihre Schuhe ausgezogen und war nun berauscht von dem weichen Teppich, der ihre blanken Füße umschmeichelte.
  "Was sind das für Teppiche?", fragte sie staunend. "Ich habe noch nie vergleichbares gesehen."
  "Kri-Handwerk. Wir Katzenmenschen haben es gerne kuschelig." Raakh gähnte herzhaft und ließ dabei seine scharfen Zähne aufblitzen. "Und jetzt schlaf, Kind des Nordens. Du wirst jede Minute davon morgen brauchen."
  Kelandra streifte ihren schmutzigen Straßenumhang ab und konnte sich nicht recht dazu durchringen, ihn einfach auf den sauberen Boden fallen zu lassen. Aber da es hier nicht ein Möbelstück gab, legte sie ihn vorsichtig am Fuße des Bettes nieder und nahm darauf Platz. Sie war es nicht gewohnt, in so flachen Betten zu schlafen, aber als sie leicht in die weichen Matten einsank wusste sie, dass sie wie ein Baby schlafen würde.
  Raakh lag immer noch regungslos am Boden und inzwischen waren sogar seine Ohren in eine entspannte Position gesunken. Sein Fell hatte einen sandigen Farbton, der sie sehr an das Fell eines Löwen erinnerte. Sein Kopf hingegen hatte mehr mit einem Panther gemein, obwohl auch ein Schuss Löwe ihm mehr Massivität verlieh. Er hatte einen sehr muskulösen Körper, erkannte sie jetzt. Nicht muskelbepackt wie ein Schmied, eher schien sein ganzer Körper über fein strukturierte Muskeln zu verfügen, die eine schnelle Jagd ermöglichten. Seine Beine gingen in die für Großkatzen typischen federnden Sprunggelenke über.
  "Hör endlich auf, mich anzustarren, Kind des Nordens.", murmelte er, ohne seine Augen zu öffnen. Als er ihren stockenden Atem hörte, schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht. "Hatte ich also Recht..." Er rollte sich auf die andere Seite und kehrte ihr so den Rücken zu. "Hat sowieso keinen Zweck, Kelandra. Du wirst in den kommenden Tagen eh nichts anderes zu Gesicht bekommen."
  Sie vergewisserte sich erst, dass er sich nicht noch einmal umdrehen würde, bevor sie der Versuchung nachgab und aus ihren Kleidern schlüpfte um sich unter diese umschmeichelnde Bettdecke zu kuscheln. Raakhs Ohren zuckten kurz, als ihre Kleidung zu Boden fiel, ansonsten regte er sich nicht. Als der seidigweiche Stoff ihren Körper umhüllte fühlte sie sich auf einmal unglaublich müde und friedlich. Ihr schwebte der Gedanke durch den Kopf, welch ein wunderbares Gefühl es seien müsste, sich in so einem Bett zu lieben. Und über dem Gedanken, ob sie verrückt sei schlief sie ein.

Raakh weckte sie am nächsten Morgen auf, noch bevor die Sonne ihre ersten Strahlen über den Horizont geschickt hatte. Er selbst war noch eher aufgestanden, um frischen Proviant in seinen Taschen zu verstauen und die Wasserschläuche zu füllen.
  Sie aßen schweigend und brachen schweigend auf. Raakh entspannte sich ein wenig, als sie die Tore der Stadt hinter sich gelassen hatten. Schon bald merkte Kelandra, dass Raakh diesen Weg nicht zum ersten Mal ging. Er kannte Abkürzungen und Wasserlöcher jenseits der Straße und so kamen sie schneller voran, als sie erwartet hatte.
  Raakh hingegen musste sich mehrmals zusammenreißen, nicht schneller zu gehen, als die Frau laufen konnte. Er sah immer wieder zur Sonne hinauf und las die Zeit ab. Als sich der Tag endlich dem Ende neigte, schien er sich zu überwinden und wurde ruhiger.
  Den ganzen Tag über wechselten sie kaum fünf Sätze. Sie schlugen ihr Lager erst zwei Stunden nach Sonnenuntergang auf und Kelandra schlief wie ein Stein. Als er sie erneut vor der Dämmerung weckte, wollte sie erst murren, aber sie schluckte es hinunter. Sie hatte sich entschlossen, mit einem Kri zu reisen und musste nun die Konsequenzen tragen. Basta.
  Den Tag über konnte sie sich nicht entscheiden, welche Muskeln ihr am meisten wehtaten. Ihre Füße schmerzten und ihr Rücken protestierte. Dennoch schwieg sie und ließ sich nichts anmerken. Sie wusste nicht warum, aber Raakh hatte es eilig und es war ihm ungeheuer wichtig, so schnell wie möglich nach Karang zu gelangen.
  Am dritten Tag ihres mörderischen Gewaltmarsches brach sie unter der Glut der Mittagssonne zusammen. Raakh fluchte leise. Nachdem er sich vergewissert hatte, das sie keinem Hitzschlag sondern der Anstrengung erlag, hob er sie ohne ein Wort zu sagen auf seine Schultern und trug sie weiter.
  Kelandras Welt drehte sich vor ihren Augen und in Gedanken verfluchte sie den Kri, der stur weiter auf sein Ziel zulief. Erst nachdem sie zehn Minuten im Schatten eines dürren Baumes gelegen hatte und kaltes Quellwasser auf ihrem Gesicht spürte, wurde ihr klar, dass er sie natürlich nicht einfach in der gleißenden Hitze der Sonne ausruhen lassen konnte.
  "Es tut mir leid, Kelandra.", hörte sie seine Stimme. Sie versuchte ihren Kopf zu heben, aber sofort begann sich alles wieder zu drehen und sie sank stöhnend zurück. "Ich bin es nicht gewohnt, mit Menschen zu reisen und weiß nicht, wie viel ihr vertragt." Er lachte bitter auf. "Schätze, ich habe etwas dazugelernt."
  Kelandra war zu erschöpft, um zu antworten und schlief fast sofort ein.

Der Mond stand bereits am Himmel und kämpfte gegen die schwindende Dämmerung, als sie wieder zu sich kam. Raakh war über sie gebeugt, um ein feuchtes Tuch auf ihrer Stirn auszuwechseln. Er bemerkte ihr Erwachen und lächelte ein unglaubliches Lächeln, das in krassem Gegensatz zu seiner ernsten Mine der letzten Tage stand.
  "Beim Schöpfer, bin ich froh, dass es dir gut geht. Ich schätze, es war doch etwas von Hitzschlag mit dabei."
  Kelandra erwiderte sein Lächeln schwach. "Es tut mir leid, dass ich dich aufhalte, Sohn der Wüste. Dies ist das Land deines Volkes, nicht unsers."
  "Unsinn, Kelandra. Du bist eine tapfere Frau und hast schweigend mehr ertragen, als du konntest. Damit hast du meinen Respekt verdient und brauchst dich nicht für deine natürlichen Grenzen entschuldigen."
  Sie rappelte sich hoch und ihr Gesicht entspannte sich, als der erwartete Schmerz ausblieb. Raakh hatte sie wohl gut gepflegt. Sie lag jetzt auf einem weichen Lager aus geschnittenem Savannengras, direkt an dem Wasserloch. Raakh setzte sich auf die andere Seite des kleinen Lagerfeuers und sah immer noch zerknirscht aus. Und bei einem Kri wirkte das ziemlich putzig.
  Kelandra konnte nicht anders als lächeln. Sie nahm ein Stück gebratenes Wild entgegen und verschlang es mit Heißhunger. Ihr schoss die Frage durch den Kopf, wie Raakh das Tier getötet hatte, ob mit seinem seltsamen Schwert, oder mit... seinen Zähnen.
  Sie wusste so wenig über die Kri, aber sie schob diese Fragen beiseite und fragte etwas wesentliches: "Warum diese Eile, Raakh? Ich weiß, dass es dir sehr ernst ist, mit dem was du tust, aber ich verstehe nicht diese... verzweifelte Hast."
  Der Kri musterte sie über das Feuer hinweg und seine rubinroten Augen funkelten im Licht der Flammen. Eine lange Zeit über sagte er nichts. Sie glaubte schon, er würde nicht antworten.
  "Du bist nicht der erste Mensch, der um meinen Schutz bittet.", sagte er schließlich mit trauriger Stimme. "Es waren einige vor dir, und immer konnte ich helfen. Nur das letzte Mal... da habe ich versagt. Ich habe den Pfeil nicht kommen sehen..." Raakhs Stimme vibrierte jetzt vor Zorn und Trauer. "Aber das Gesicht von Jonas' Mörder habe ich gesehen. Ich schwor dem sterbenden Mann, dass ich seinen Mörder finde."
  Raakh stocherte mit einem Stock in der Glut des Feuers und sein Gesicht wurde grimmig. "Seit Shambar habe ich auch einen Namen, der zu dem Gesicht gehört. Er ist ein Auftragsmörder!" Raakh spuckte verachtungsvoll auf den Boden. "Und er ist vor einigen Tagen nach Karang aufgebrochen."
  Kelandra schluckte hart und vergaß völlig das Fleisch in ihren Händen. "Es tut mir Leid, Raakh.", sagte sie schließlich aus ehrlichem Herzen. "Hätte ich das gewusst, hätte ich nicht von dir verlangt, mich mitzunehmen."
  Dieses traurige Lächeln in seinem noblen Gesicht zerriss ihr fast das Herz. "Was hätte das für einen Sinn gehabt, Kelandra? Ich setze nicht ein Leben das noch brennt, aufs Spiel, um das Erlöschen eines anderen zu rächen."
  Sie schwiegen eine Ewigkeit und Kelandra erwartete, dass die Nacht schweigend zu Ende gehen würde, als Raakh sie unvermittelt fragte: "Wie kommst du hierher, Kind des Nordens? Du bist weit weg von deiner Heimat."
  Ihr Gesicht wurde hart. "Man hat mich verschleppt.", antwortete sie knapp.
  "Sklavenhändler?" Der Kri spie das Wort mehr heraus, als das er es aussprach und Kelandra nickte. "Wie bist du freigekommen?"
  "Ein Mann namens Gerohen hat mich und andere befreit." Ihre Augen leuchteten auf. "Er ist über die Rotte der Sklavenhändler hergefallen, als wäre eine ganze Armee an seiner Seite und hat alle, die sich nicht ergaben niedergestreckt."
  Der Kri lächelte ein grimmiges Lächeln. "So ist er. Gnade seinen Feinden."
  "Du kennst ihn?"
  "Er ist nicht unbedingt ein Freund von mir, aber wir haben schon Seite an Seite gekämpft. Er hasst die Sklavenhändler genauso leidenschaftlich wie ein Kri."
  Kelandra überlegte kurz, ob sie die nächste Frage lieber lassen sollte, entschied sich aber dagegen. "Warum hasst ihr Kri die Sklaverei so sehr? Ihr scheint mit diesem Hass geboren zu werden, wenn man den Geschichten glauben schenkt."
  Raakh schüttelte bedächtig den Kopf. "Es ist nicht Hass, mit dem wir geboren werden. Es ist die Liebe zur Freiheit. Sieh dir dieses unendlich weite Land an, Kelandra! Glaubst du, Gott hätte so etwas geschaffen, wenn er Gefangenschaft gutheißen würde?" Seine Augen blickten jetzt verträumt in die Ferne und er schien den Geräuschen der Savanne zu lauschen.
  Sie musterte ihren seltsamen Weggefährten. Einerseits war er tödlicher, als jeder den sie kannte (mit Ausnahme Gerohens vielleicht), doch andererseits hütete er eine tiefe Romantik zu dem Leben um ihn herum.
  Schließlich legten sie sich zur Ruhe und Raakh weckte sie erst unter dem Licht der ersten Sonnenstrahlen.

An diesem Tag legten sie nur wenig mehr als die Hälfte ihrer bisherigen Marschstrecke zurück und Raakh zwang sie öfters Pausen einzulegen, ohne auf ihren Protest zu achten. Irgendwann nahm sie es hin und war insgeheim über jede Möglichkeit froh, ihre Beine auszustrecken.
  Raakh hingegen schien der weite Fußmarsch nichts auszumachen. Im Gegenteil: er ruhte in sich selbst und erweckte den Eindruck, in die Savanne zu gehören, wo Laufen etwas natürliches war.
  Am nächsten Morgen erwachte Kelandra so frisch und erholt wie lange nicht mehr. Doch anstatt das Tempo daraufhin wieder zu erhöhen, verlangsamte es der Kri noch mehr. Er übergab ihr sein ganzes Gepäck, bis auf einen Wasserschlauch, und verschwand im hohen Gras. Nach über einer Stunde kehrte er wieder zurück. "Es ist ein Löwenrudel in der Nähe. Es ist nicht nötig, dass du ihnen in die Arme läufst."
  Er führte sie einen Umweg und verschwand von Zeit zu Zeit, während sie weiter in die gewiesene Richtung lief. Am Abend war sie erschöpft und verspannt. Ihr Rücken schmerzte und ihre Muskeln fühlten sich an, als hätte jemand Knoten hineingemacht.
  Raakh bemerkte ihre Beschwerden und sagte schlicht: "Zieh dein Oberteil aus."
  Sie sah ihn entgeistert an. Der Kri sah sie kurz verwundert an, dann erhellte sich sein Gesicht mit Verstehen. Er murmelte etwas, dass nach "Menschen und ihre Bräuche." klang und korrigierte sich: "Dann mach eben nur deinen Rücken frei, Kind des Nordens, und leg dich auf den Bauch. Nur weil ich ein Kri bin, heißt das nicht, dass ich keine verspannten Muskeln kenne."
  Ein wenig zögernd legte sie ihren Umhang ab und entblößte ihren Rücken. Als sie sich auf den Boden legte und Raakhs warme Hände auf ihren Schultern spürte, schossen ihr alle möglichen Gerüchte über den starken Sexualtrieb der Kri durch den Kopf, die sie je gehört hatte. Was tat ein Kri, wenn er eine Weile keine Kri... zur Verfügung hatte? Als sie bemerkte, welch unglaublich betörende Wirkung seine mit weichem, kurzen Fell bedeckten Hände auf sie hatten, während sie ihren Rücken abtasteten, wurden ihre Zweifel noch größer.
  Ihre Zweifel wurden von einem wohligen Schauer weggefegt, als sich Raakhs Daumen sanft in ihre verspannten Schultermuskeln gruben. Mit methodischem Geschick massierte er sogar Muskeln, von denen sie nicht einmal wusste, dass es sie gab.
  "Woher kennst du dich eigentlich so gut mit menschlicher Massage aus?", fragte sie nebenbei.
  "So unterschiedlich sind unsere Rassen nicht, Kind des Nordens." Auf einmal ärgerte sich Kelandra, dass er sie immer mit "Kind" anredete, einem Neutrum, so als würde er ihre Ängste absichtlich Lüge strafen. "Muskeln sind Muskeln. Und wenn sie verspannt sind, kann man leicht ertasten, wo sie liegen."
  "Daran könnte ich mich gewöhnen.", seufzte sie zufrieden und genoss jede verstreichende Sekunde. Nach einer halben Stunde fühlte sie sich wunderbar entspannt.
  Als Raakh seine Hände von ihr nahm, durchfuhr sie kurz ein Moment des Bedauerns und sie fragte sich kurz, ob sie den Verstand verlor. Was hatte sie erwartet? Sie wusste nicht einmal, warum ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen.

Einige Nächte später wurde es ihr ein wenig klarer, was mit ihr geschah. Die Nacht war längst eingebrochen und das Lagerfeuer schien heute weniger Wärme zu spenden als bisher. Sie hüllte sich enger in ihren Umhang und lauschte den Worten Raakhs.
  Gestern hatte sie ihn nach seiner Heimat und seinem Volk gefragt und Raakh begann nach einigem Zögern zu erzählen. Offenbar fand er Gefallen an ihrer neugierigen Aufmerksamkeit und erzählte immer bereitwilliger. Kelandras Fragen erfreuten ihn sichtlich und er beantwortete sie mit seiner faszinierend rauen Stimme, die Kelandra in ihren Bann zog.
  Er erzählt von den unendlichen Weiten der Großen Wüste und von dem Juwel des Urwaldes jenseits. Von Dörfern, die um die Stämme der größten Bäume, die es auf der Welt geben musste, herum gebaut waren. Von klaren Wasserfällen, reißenden Flüssen und von allem Leben, dass es im Urwald und der Savanne, sogar der Wüste gab.
  Heute erzählte er immer noch und Kelandras Faszination war ungebrochen.
  "Es ist selten, einen Menschen zu treffen, der so aufmerksam zuhört wie du, Kelandra. Es erfreut mein Herz, dass das Interesse der Menschen an den Kri noch nicht erloschen ist."
  "Jeder respektiert und ehrt euch!", widersprach Kelandra bestimmt.
  "So ist es Brauch, ja, aber viele sehen in uns lieber eine Legende als ein lebendes Volk mit lebendiger Geschichte."
  Kelandra blickte kurz zu Boden. Leise fragte sie: "Es heißt, ihr seid ein sterbendes Volk. Stimmt das?"
  Raakh lachte, als er dieses Gerücht vernahm. "Uns geht es gut, Kind des Nordens. Wir haben uns nur auf die andere Seite der Großen Wüste zurückgezogen. Wir leben und gedeihen dort prächtig. Es ist nur so, dass nicht viele das Bedürfnis verspüren, in die Gebiete der Menschen zu gehen."
  Sie formte ein grundehrliches Lächeln. "Das freut mich von ganzem Herzen."
  Der Kri schenkte ihr eines seiner seltenen wirklich warmen Lächeln als Dank.
  Das Feuer näherte sich seinem Ende und die Kälte nahm immer mehr zu. Nachts schliefen sie immer ohne Feuer, ohne dass es sie je gestört hätte, bis heute. Sie legte sich nieder und rollte sich noch enger in ihren Umhang ein. Raakh machte es sich einfach gemütlich und schien sich überhaupt nicht an der Kälte zu stören.
  Die letzte Glut erkaltete rasch und Kelandra konnte ihr Zittern und Zähneklappern nicht mehr unterdrücken. Sie hörte hinter sich Gras rascheln und spürte dann Raakhs Hand auf der Schulter. "Du zitterst vor Kälte!", stellte er erschrocken fest.
  "Vermutlich nur die Nachfolgen eines leichten Hitzschlags.", beschwichtigte sie ihn.
  Der Kri schnupperte den Wind und widersprach ihr dann: "Wir sind jetzt nahe an der Großen Wüste und der Wind kommt von Süden. Die Nächte dort sind eisig."
  Das Gras raschelte erneut und auf einmal spürte sie, wie sich Raakh von hinten an sie schmiegte. Er schlang einen Arm um ihren Bauch.
  "Was..."
  Raakh seufzte. "Vergiss einmal deinen Stolz. Er ist wichtig für dich, aber manchmal kann er dir auch im Weg stehen." Er schmiegte seine Stirn an ihren Hinterkopf und sein Atem wärmte ihren Nacken. "Es bringt nichts, wenn du morgen krank bist."
  Kelandra wollte wiedersprechen, aber die Wärme seines Körpers drang in sie und vertrieb das Zittern. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie kalt ihr wirklich gewesen war. Sie entspannte sich und musste kichern.
  "Besser so?", fragte der Kri mit einer leicht amüsierten Stimme.
  "Deine Schnurrhaare kitzeln meinen Hals."
  "Schnurrhaare?"
  "Nun, wie nennt ihr Kri denn diese langen Haare rechts und links von eurer... äh... Schnauze?" Sie hoffte mit dem letzten Wort nicht in einen weiteren Fettnapf zu treten.
  "Ah!" Sie konnte das amüsierte Lachen des Kri mehr spüren, als hören. "Schnurrhaare nennt ihr das also... nicht schlecht, wirklich." Er gab ein Schnurren von sich und verlor sich wieder in Lachen. Aber dieses kurze Schnurren ging ihr durch Mark und Bein. Nicht in einer beängstigenden Weise, sondern ehr mit einem wohligen Schaudern.
  "Entschuldige, Kelandra, ich wollte mich nicht über dich lustig machen."
  Was ist nur mit mir los? Aber sie war zu müde, um sich weiter ihren Kopf zu zerbrechen. Sie fühlte sich in seinen kräftigen Armen geborgen und... Er hat mich Kelandra genannt., erkannte sie jetzt, Er hat meinen Namen direkt in mein Ohr geflüstert. Aber dieser Gedanke zerfaserte, während sie in den Schlaf hinüberglitt.

In der nächsten Nacht suchte sie ohne Widerstand die wärmende Nähe des Kri. Sie hatte ein tiefes Vertrauen zu diesem Wesen gefasst, erkannte sie. Sie schämte sich für diese Gedanken über die Triebe der Kri, die sie vor einigen Tagen noch gehegt hatte.
  Diesmal war sie es, die sich an den Kri schmiegte und es schien ihr irgendwie natürlich, einen Arm um seinen Bauch und die Stirn an seinen Hinterkopf zu legen. Sie musste ihre Hände zwingen stillzuhalten, um nicht der Versuchung zu erliegen, das weiche Fell des Kri zu ertasten.
  Das Haar an seinem Hinterkopf war kürzer, aber noch weicher, als das an seinem Körper. Und sie bemerkte noch etwas. Seinen Geruch. Er roch ein wenig wie ein wildes Tier, nicht aufdringlich, eher frei und dezent und... männlich. Sie hatte schon einige Erfahrung mit Männern gehabt, schließlich war sie nicht hässlich, aber Raakh...
  Zuerst schimpfte sie sich verrückt, so über den Kri zu denken, der so fremdartig und nahe an den Tieren der Wildnis war. Aber schon bald genoss sie jeden Atemzug dieses wilden, maskulinen Dufts und gab den Widerstand auf. Es würde nichts schaden. Schließlich war er ein Kri, sie ein Mensch und sie konnte sich nicht einmal annährend vorstellen wie... Sie unterbrach diesen Gedanken abrupt.
  "Du hast gestern so selbstverständlich gehandelt.", stellte sie fest. "Ist das bei Kri die übliche Art, sich zu wärmen?"
  Ihre Frage war leicht amüsiert gestellt, aber Raakhs Antwort war ernst: "Wenn Kri die Wüste durchqueren, ist das eine Notwendigkeit des Überlebens."
  "Du bist mit einem anderen Kri hergekommen?", fragte sie überrascht.
  "Wir durchqueren die Wüste nie allein. Sheema ist mit mir gekommen. Sie wollte den Norden sehen und endlich den Menschen begegnen."
  "Wo ist sie jetzt?"
  "Ich weiß nicht. Irgendwo hier in der Gegend vielleicht." Raakhs Stimme kam aus dem Halbschlaf und glitt dann ab.
  Sie lag noch eine Weile wach und lauschte seinen Atemzügen. Wer ist diese Sheema? Dieser Gedanke kam und ging, ohne dass sie ihn wirklich bemerkte.

Mit Bedauern stellte sie fest, dass der Wind am nächsten Tag wieder drehte und somit auch die Kälte bei Nacht verschwand. Sie vermisste die Nähe des Kri. Er gab ihr ein Gefühl der Geborgenheit, dass sie brauchte.
  Doch das war bald vergessen, als Raakh nebenbei erwähnte, dass sie in einem Tag in Karang ankommen würden.
  "Aber der Weg von Shambar nach Karang ist doch über drei Wochen weit!", wunderte sie sich.
  "Die Straße macht einen Umweg, Kelandra. Wir hingegen sind den direkten Weg durch die Savanne gegangen."
  Diese Nacht schlief Kelandra schlecht.

Als sie die Tore von Karang durchschritten hatten, stieg die Anspannung des Kri sofort wieder, und er tastete mit seinen Blicken die Masse der umherwuselnden Menschen ab. Doch er konnte sich nicht recht konzentrieren. Kelandra. Er hatte noch nie einen so faszinierenden Menschen kennengelernt und der drohende Abschied lastete auf ihnen.
  Aber Zögern machte es nur schlimmer. "Ich muss dich jetzt verlassen, Kelandra, meine Aufgabe wartet. Gehe zum Händler Bombas. Jeder hier kennt ihn und du wirst ihn leicht finden. Sage ihm, ich schicke dich, und er wird dir helfen weiter nach Westen zu kommen."
  Er griff in sein Gewand und gab ihr einen kleinen Beutel, in dem Münzen klimperten. Kelandra hob zu einem Protest an, aber er schnitt ihr das Wort ab. "Kein Widerspruch, du wirst es brauchen, auch wenn Bombas dir umsonst helfen wird."
  Nachdem sie es mit einem leichten Murren angenommen hatte, reichte er ihr seine Hand. "Möge der Schöpfer über dein Leben wachen, Kelandra."
  Statt die dargebotene Hand zu ergreifen, umarmte sie ihn herzlich. Zunächst war er überrascht, erwiderte dann aber ihre Umarmung mit einem Lächeln. "Pass auf dich auf, Tochter des Nordens, ich habe dich in mein Herz geschlossen."
  "Danke für alles, was du für mich getan hast, Sohn der Wüste, und alles was du mich lehrtest. Ich hoffe, du findest was du suchst. Ich werde dich vermissen."
  Dann brach sie die Umarmung ruckartig auf, zwang sich zum Gehen und verschwand, ohne sich einmal umzudrehen. Raakh schüttelte traurig den Kopf. Er hasste solche Momente. Er hatte damit leben gelernt, dass ständig neue Menschen in sein Leben traten, um dann wieder zu verschwinden. Aber bei Kelandra tat es wirklich weh.
  Mühsam riss er sich zusammen und richtete seinen Blick wieder auf die Menschen von Karang. Er hatte einen Schwur zu erfüllen.

Kelandra saß in einem der vielen Gasthäuser Gims und kaute lustlos an ihrem Essen. Gim war die nächste Stadt westlich von Karang und sie war mit Bombas Handelskarawane schnell und bequem hier hergelangt.
  Sie hatte in Karang im Stillen gehofft, den Kri wiederzusehen, aber die Stadt schien ihn verschluckt zu haben. Nach einer Woche war Bombas persönlich mit ihr nach Gim aufgebrochen und nach weiteren zwei Wochen auf dem Rücken eines Kamels war sie jetzt sein Gast in diesem Gasthaus. Er bezahlte ihre Zeche und kümmerte sich auch sonst rührend um sie, aber dennoch war sie nicht glücklich.
  Sie vermisste die Stimme Raakhs, seinen Humor, sein seltenes, warmes Lächeln, das manchmal so fremdartig in seinem noch fremderen und doch vertrauten Gesicht aufleuchtete...
  Die Tür wurde aufgestoßen, und Kelandras Kopf schnellte wie immer nach oben, nur um dann wie immer enttäuscht zurückzusinken. Es war Bombas und einer seiner Männer. Sie lachten lauthals, als hätte jemand einen guten Witz gerissen.
  "Er ist durch die halbe Stadt gerannt, als wären die Dämonen aller Höllen hinter ihm her!", rief Bombas und schüttelte den Kopf. "Er hat sich den Wachen vor die Füße geworfen und um seine Verhaftung gefleht."
  "Jetzt übertreibst du aber!", schmunzelte sein Begleiter.
  "Ich schwöre es! Ich habe mit Jobal von der Wache gesprochen, er war dabei! Der Kerl kam reingerannt, warf sich auf die Knie und bettelte um seine Verhaftung, während er ständig über seine Schulter schaute. Die Wachen hielten ihn für verrückt und wollten ihn rauswerfen, da begann er sie zu beschimpfen! Als er schließlich äußerte, er werde unanständige Dinge mit Jobals Mutter machen, wenn er nicht sofort verhaftet würde, ist Jobal der Kragen geplatzt und er hat ihn eingebuchtet."
  Bombas konnte sich vor Lachen nicht mehr halten. "Ich kann den armen Kerl sogar verstehen. Ich weiß zwar nicht, warum er hinter diesem Kerl her war, aber Raakh kann unglaublich böse werden, wenn es um persönliche Angelegenheiten geht."
  Kelandra sprang auf, stieß sich das Knie am Tisch und warf ihn dabei beinahe um. "Raakh ist hier?"
  "Ja, Mädchen, und wie er hier ist! Der Teufelskerl war kaum in der Stadt, da hat er schon mit seiner regelrechten Jagd auf diesen armen Tropf angefangen."
  "Wo ist er? Ist er noch in der Stadt?"
  Die Tür des Gasthauses ging erneut auf und der Kri trat herein. "Bombas, du Gauner. Deine Stimme hört man sogar noch von der anderen Straßenseite aus. Hast du gut auf Kelandra aufge..."
  Dann bemerkte er sie und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er ging auf sie zu und umarmte sie kurz und fest. "Es freut mich, dich wohlbehalten wiederzusehen, Tochter des Nordens."
  Sie sah ihn immer noch ungläubig an. Dass er jetzt wieder vor ihr stand... "Wie ich hörte, hast du erreicht, was du wolltest. Es erwärmt mein Herz dich wiederzusehen, Sohn der Wüste." Erst hinterher wurde ihr bewusst, was genau sie gesagt hatte. Ihr Verstand gab ihr eine Ohrfeige, aber ihr Herz sang.
  "He Raakh, mich hast du nie umarmt.", brummte Bombas schelmisch und trieb Kelandra die Röte noch tiefer ins Gesicht.

Raakh feierte zusammen mit Bombas und Kelandra ein bescheidenes Wiedersehensfest und vermied dabei, auf das Thema seiner Jagd zu kommen. Irgendwann, tief Nachts, schaffte er es, dann endlich von Bombas loszukommen. Er mochte diesen Mann, aber er neigte ein wenig zu überschwänglicher Geschwätzigkeit und er wollte ungestört ein paar Worte mit Kelandra wechseln.
  Als er endlich dem fröhlichen Beisammensein entkommen war, wurde er ernst. "Ich nehme an, du bist immer noch auf dem Weg in deine Heimat?"
  Sie nickte nur und musterte ihn mit ihren seltsamen dunklen Augen. "Was hältst du davon, wenn ich dich begleite?"
  Das ungläubige Staunen, das auf ihrem Gesicht erschien, erfüllte ihn mit Zufriedenheit. Darauf hatte er gehofft. "Es würde mich sehr freuen, Raakh.", sagte sie leise und blickte zu Boden. "Aber ich halte dich bestimmt nur auf. Und du hast bestimmt andere Dinge zu erledigen."
  "Nicht mehr, Kelandra. Außer, dich nach Singul zu bringen, vielleicht. Bombas wird dich nicht viel weiter als zur nächsten Stadt bringen können."
  Sie sah ihm in die Augen. "Wieso tust du das für mich? Du bist so gut zu mir, dabei kanntest du mich vor einem Zyklus noch nicht einmal."
  "Aber ich kenne dich jetzt. Du bist in deinem Herzen schon eine halbe Kri geworden, Tochter des Landes. Ich habe es in deinen Augen gelesen, wann immer du in die Savanne blicktest." Und mit einem Schmunzeln fügte er hinzu. "Vielleicht krieg ich es noch hin, auf den nächsten vierhundert Meilen aus dir eine ganze zu machen."
  Aus den Blicken, die auf diese Sätze folgten, wurde Raakh nicht schlau. Er verstand einiges an den Menschen nicht, vor allem ihre Mimik, doch Kelandra gab ihm mehr Rätsel auf, als jeder andere.
  "Bei niemandem würde ich mich sicherer fühlen, Raakh. Begleite mich soweit du magst."
  Dann räusperte sie sich und wechselte das Thema: "Der Wirt sagte, dass alle Zimmer belegt sind."
  "Ist auf dem Boden deines Zimmers genug Platz für einen Kri?"
  "Mit Sicherheit. Auch wenn der Teppich nicht so weich ist."

In dieser Nacht konnte Kelandra vor unbändiger Freude nicht schlafen. Immer wieder blickte sie über die Kante ihres Bettes, um sich zu versichern, das Raakh noch da war. Und immer sah sie das gleiche Bild: Er lag leicht zusammengerollt da und drehte ihr den Rücken zu.
  Der Mond wanderte ein Stück an ihrem Fenster vorbei und sie schlief immer noch nicht. Als sie diesmal nach Raakh sah, war sein Gesicht ihr zugewandt und seine Augen sahen sie an. "Warum kannst du nicht schlafen, Kelandra? Ich werde nicht weggehen."
  Sie sah gebannt in seine Augen und sagte schlicht: "Ich habe dich wirklich vermisst. Und die Tage und Nächte in der Savanne."
  "Das ist der Preis, Tochter des Landes." Und noch während sie über diese Worte nachdachte fügte er leise hinzu. "Ich habe es auch vermisst, mit dir über das Land zu ziehen, Kelandra. Ich freue mich auf die Tage, die vor uns liegen."
  Mit diesen Worten schloss er seine Augen und ließ sie mit ihren Gedanken allein. Sie hatten ihre beruhigende Wirkung nicht verfehlt. Jetzt wünschte sie sich mehr als je zuvor in seiner beschützenden Umarmung einschlafen zu können. Aber sie wusste weder, wie sie ihn fragen sollte, noch wie er reagieren würde.
  Also begnügte sie sich mit dem Anblick seines Gesichts und schlief so auf der Kante ihres Bettes schließlich ein.

Ihre folgende Reise zur nächsten Stadt war ein Spaziergang im Vergleich zu ihrer ersten gemeinsamen Reise. Sie machten häufiger Rast und Kelandra war froh darüber. Raakh war wie ausgewechselt und genoss die Langsamkeit. Und Kelandra hatte es überhaupt nicht mehr eilig, das ferne Singul zu erreichen.
  Raakh nahm sich die Zeit, ihr das Anpirschen im Gras der Savanne beizubringen, so gut er konnte und sie lernte so gut es ging. Es hatte viel mehr mit dem Beachten des Windes und der Grashöhe zu tun, als mit lautloser Bewegung.
  Auf diese Weise führte er sie zu einigen abgelegenen Wasserstellen, an denen Gazellen, Löwen und andere Tiere friedlich vor sich hindösten, tranken, oder herumtollten. Kelandra kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und eine tiefe Zuneigung zu den Tieren der Savanne formte sich in ihrem Herzen. Wie hatte sie nur so lange die Wunder ignorieren können, die sie Tag für Tag umgeben hatten?
  Raakh verzichtete zum Glück darauf, die Tiere, an die sie sich gemeinsam anschlichen, danach auch zu jagen. Zur Jagd brach er immer allein auf und kam mit fertig zerlegten Fleischstücken zurück, die genug für eine Mahlzeit boten.
  "Wie... erlegst du die Tiere eigentlich?", Kelandra bereute die Frage, kaum dass sie ihren Mund verlassen hatte, doch Raakh schien sich nicht daran zu stören.
  "Ich töte sie mit einem Rikashi.", sagte er und deutete auf das schmalklingige Schwert an seiner rechten Seite."
  "Es tut mir leid, ich..."
  Raakh schüttelte den Kopf. "Kein Grund dafür, Tochter des Landes. Viele Kri ziehen es vor ihr Opfer waffenlos nur mit ihren Krallen und Zähnen zu erlegen. Mir hingegen macht die Jagd keinen Spaß, sie ist nur eine Notwendigkeit."
  Darüber war Kelandra froh. Sie hätte sich nur schwer mit dem Bild anfreunden können, dass Raakh seine Zähne in die Kehle eines Tieres grub, das Blut seine Schnauze hinablief, bis das Opfer endlich zu zucken aufhörte.
  "Diese Waffen sind Kri-Handwerk, oder?", fragte sie, um das Thema zu wechseln. "Die Klinge des Schwertes sieht so zerbrechlich aus."
  Raakh nahm die beiden Waffen von seinem Gürtel und legte sie zwischen sie auf den Boden. "Der Stahl meines Volkes ist nur unwesentlich besser, als der von euch geschmiedete. Deshalb besteht das Rikashi auch aus einem Klingenstab zum Schlagen und einem stumpfen Gegenstück zum Blocken."
  Kelandra sah die Waffen fasziniert an. Sie schienen schlicht und unscheinbar, bargen in den richtigen Händen aber ein tödliches Potential. Wie Raakh sie benutzt hatte... nicht Stärke, sondern Schnelligkeit war das Geheimnis ihrer Anwendung.
  "Darf ich sie mal in die Hand nehmen?", fragte sie abwesend und war selbst über diese Frage überrascht.
  Raakh musterte sie eingehend und gab ihr die Waffen nur zögernd. Ihr Gewicht war größer, als sie erwartet hatte aber sie fühlten sich... gut an. Bilder ihrer Verschleppung traten ihr vor Augen. Sie war wehrlos gewesen, gegen diese starken Bestien von Sklavenfängern. Mit diesen Waffen...
  Der Kri sagte bedächtig: "Eine Waffe zu führen ist eine zweischneidige Sache, Kelandra. Du gebrauchst sie, um dein Leben zu schützen indem du andere verletzt oder auslöschst."
  Kelandra hatte keine Probleme damit, sich diesen Bastard, der sie ständig aus reinem Vergnügen geschlagen hatte, tot vorzustellen. Dieser Gedanke aber erschreckte sie. Sie haben mich hart gemacht. Und dafür hasste sie sie doppelt.
  Erst jetzt bemerkte sie, dass sich ihre Hände so krampfhaft um die Stäbe schlossen, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Mühsam lockerte sie ihren Griff.
  Der Kri musterte sie, als würde er es bereuen, ihr die Waffen gegeben zu haben. Dennoch sagte er: "Ich kann dich lehren, sie zu gebrauchen, Kelandra. Wenn das dein Wunsch ist."
  Sie wollte zu einer Antwort ansetzen, aber Raakh schnitt ihr das Wort ab. "Das ist eine Antwort, die du dir genau überlegen musst. Gib sie mir morgen, wenn wir das Lager aufschlagen."

"Lehre mich."
  Raakh nickte bedächtig, aber sein Gesicht zeigte weder Freude noch Enttäuschung. "Es wird gut tun, dich auch dann in Sicherheit zu wissen, wenn ich nicht bei dir bin." Auch wenn der Preis dafür von dir zu zahlen ist, Kelandra., fügte er in Gedanken hinzu.
  "Es ist noch zwei Stunden hell. Lass uns die Zeit nutzen."
  Er zeigte ihr, wie man die Waffen hielt. Der Stab schützte den linken Unterarm, während man den Klingenstab wie ein kurzes Schwert hielt. Er lehrte sie die grundlegenden Bewegungen mit den Waffen und ließ sie diese bis zum Sonnenuntergang üben.
  Sie machte sich gut, stellte Raakh erfreut fest. Sie war gar nicht erst auf die Idee gekommen, die Rikashi mit Kraft einsetzen zu wollen. Statt dessen brachte sie die Klinge und den Stab in den Fluss ihres Körpers mit ein, genau wie er es ihr gezeigt hatte. Und ihm kam dabei der Gedanke, dass er Kelandra gerne einmal tanzen sehen würde.
  Am nächsten Abend wiederholte er diese Übung und fügte erste Techniken aus der Bewegung hinzu. Wie zu erwarten war, hatte sie damit Probleme, sich auf zwei Sachen gleichzeitig zu konzentrieren, aber sie gab nicht auf und wurde besser.
  Ihr Hunger verdoppelte sich und sie verschlang das Essen am Abend gierig. Als das Lagerfeuer beinahe niedergebrannt war, bemerkte er, dass sich Kelandra geistesabwesend die Handgelenke rieb.
  "Zeig mir deine Hände, Kelandra."
  Sie sah auf ihre verräterischen Hände hinab, die sich unerlaubt selbstständig gemacht hatten. "Es geht mir gut."
  Jetzt war er erst recht überzeugt, dass sie sich verletzt hatte. Schweigend ging er zu ihr herüber und packte einen Unterarm, ohne auf ihren Widerstand zu achten. Mit der freien Hand betastete er ihr Handgelenk. Er verzog sein Gesicht zu einem säuerlichen Ausdruck, als er die Schwellung bemerkte. Beim Schöpfer! Diese Frau ist zäher als mancher Kri den ich kenne, und als viele Männer ihrer Art.
  "Meine Rikashi sind zu schwer für dich, Kelandra."
  "Morgen wird es mir wieder besser gehen, ich habe mich nur ungeschickt angestellt!", protestierte sie.
  "Du stellst dich besser an, als ich erwartet hatte und von Ungeschicktheit kann nicht die Rede sein. Sie sind zu schwer für dich."
  "Dann übe ich nur jeden zweiten Tag!"
  Raakh versuchte ihr Gesicht zu lesen, aber wie so oft scheiterte er an ihrer fremden Schönheit. Ein menschliches Gesicht schien nicht zu einer Regung fähig zu seien, dass er von Kri her kannte, von einem Lächeln vielleicht abgesehen.
  Aber er verstand auf einmal doch, warum sie so versessen auf das Lernen des Kampfes war. Sanft fragte er sie: "Ist dies dein Weg, mit deinen Dämonen fertig zu werden, Kelandra?"
  Als sie den Blick senkte, nahm er das als eine Zustimmung. "Wenn du es willst, werde ich dir den waffenlosen Kampf beibringen. Und vielleicht kann ich irgendwo ein leichteres Rikashi auftreiben. Bis dahin übst du mit Holzstäben."
  Sie hob ihren Blick wieder und ein schmales Lächeln umspielte ihre Lippen, das Raakh verwirrte. Es verwirrte ihn nicht, weil er es nicht deuten konnte, sondern weil es etwas in ihm berührte, dass er nicht verstand.

Kelandra ließ sich erschöpft zu Boden sinken, wobei sie vermied, sich auf die Hände zu stützen. Raakh hatte nicht ganz Recht gehabt. Zwar wollte sie das Kämpfen lernen, um sich nicht mehr vor Gewalt fürchten zu müssen, die man ihr ungehindert antun konnte, aber es gab noch einen anderen Grund.
  Während der Übungen war sie der Fokus Raakhs Aufmerksamkeit und er war immer um sie herum. Manchmal stellte er sich hinter sie und leitete ihre Arme, bis sie die Technik verstanden hatte. Diese Momente der Nähe genoss sie mehr als alles andere.

Sie reisten auf diese Weise stetig nach Westen und Kelandra verlor das Gefühl für die Zeit. Jeder Tag war eine stetige Wanderschaft, mit einem Kampftraining vor Sonnenuntergang und Palaver bis zum Ende des Lagerfeuers.
  Raakh lobte sie für ihre Fortschritte und verhielt sich immer mehr wie ein großer Bruder. Sie war glücklich: sie liebte dieses unendlich scheinende Land und erforschte es zusammen mit der Person, die ihr näher stand als sonst jemand. Sie entwickelte durch die Übungen und die Natur ein neues Gefühl für ihren Körper und fühlte sich so kräftig und gesund wie nie zuvor.
  Dann kam die nächste Stadt und alles brach für sie zusammen.

Sie betraten Kaschent am späten Morgen. Kelandra fühlte sich auf einmal nicht mehr so wohl, als sie in den Strom der Menschen eintauchte. Alles erschien ihr so eng und überfüllt. Jetzt verstand sie, warum Raakh immer so angespannt war, wenn er in eine Stadt kam.
  Sie waren auf dem Weg zum Markt, um neue Vorräte zu besorgen, als sich die Mine des Kri aufhellte und er in der Luft zu schnuppern begann.
  Kelandra musste über diese Geste lachen. Sie wusste, dass Kri wesentlich feinere Nasen als Menschen hatten, aber es sah irgendwie... putzig aus. "Was ist, Sohn der Wüste?", fragte sie amüsiert. "Hast du unser Mittagessen gefunden?"
  Der Kri sah sie mit leuchtenden Augen an. "Viel besser.", rief er begeistert. "Sheema ist hier!"
  Kelandras Lachen brach in sich zusammen, doch der Kri bemerkte es nicht. Hastig schob er sich durch die Menge und zog sie hinter sich her. Gedanken wirbelten durch ihren Kopf und wurden von Gefühlen zerfetzt. Die Kri, mit der er durch die Wüste gekommen ist! Wieso um alles in der Welt ist sie ausgerechnet hier?
  Sie platzen aus der Straße auf einen Platz hinaus und da sah sie Sheema zum ersten Mal. Sie war vielleicht so groß wie Raakh, hatte einen etwas dunkleren Farbton im Fell und ihr Schädel wirkte kleiner, weiblicher. Und sie trug Kleidung, die getrost als knapp zu bezeichnen war: Ein recht schmaler Streifen Stoff bedeckte ihre Brüste, so dass oben und unten fellbedeckte, sanfte Rundungen gut genug zu sehen waren. Um die Hüften trug sie eine dünne Schnur, die vorne und hinten ein quadratisches Tuch festhielten, das nicht einmal bis hinab zu den Knien reichte.
  Raakh ließ ihre Hand los und schlich sich an die Kri an, die ihn noch nicht bemerkt hatte. Widerwillig folgte sie ihm. Als er direkt hinter ihr stand, beugte er sich vor, so dass sein Mund direkt neben ihrem Ohr war und sprach etwas in einer fremden Sprache: "Huarr ri, mra Sheema."
  Sheema wirbelte mit weit aufgerissenen Augen herum und starrte Raakh ungläubig an. "Raakh! Howar ri?" Dann tat sie etwas, das Kelandras Herz einen eisigen Stich versetzte: Sie schlang ihre Arme um Raakh und rieb ihre Wange zärtlich an Raakhs. Und Raakh erwiderte Umarmung und Liebkosung in voller Wonne.
  Dann begannen die Kri ein aufgeregtes Gespräch und das freudige Lächeln war für Kelandra nicht zu ertragen. Bisher hatte dieses Lächeln immer nur ihr gegolten, doch jetzt schien sie für Raakh nicht einmal mehr zu existieren. Und die Sprache der Kri machten ihr noch schmerzhafter deutlich, dass sie nicht dazugehörte, sie grenzte sie aus.
  "Sheema, das ist Kelandra.", sagte er wieder in der Gemeinsprache. "Sie ist mit mir einen weiten Weg durch die Savanne gereist und ist mit Abstand der interessanteste Mensch, den ich je kennen gelernt habe."
  Interessant!, empörte sich Kelandras Verstand. Sheema begrüßte sie mit einem warmen Lächeln, dass sie zu verspotten schien. Plötzlich bemerkte Kelandra, dass sie die Kri hasste. Sie würde alles zerstören. Alles.
  Was zerstören? - Das weist du genau du Närrin! Sie wird ihn dir wegnehmen. - Aber sie kann doch einfach mit uns kommen! Und dann formten sich Bilder in ihrem Kopf. Kelandra würde auf der einen Seite des Lagerfeuers schlafen, während sich Raakh und Sheema auf der anderen Seite - so leise wie möglich, versteht sich - paaren würden.
  Kelandras Magen drehte sich um und sie musste mit sich kämpfen, Sie wird ihn dir wegnehmen, so oder so! dass sie sich nicht übergab. Alle Kraft wich aus ihr und sie hielt sich nur mit Mühe aufrecht. Bei Gott! Was ist mit mir los?
  "Kelandra? Fühlst du dich nicht wohl?" Seine Stimme drang aus der Ferne an sie heran.
  "Ich hab mich wohl überanstrengt.", erwiderte sie schwach.
  "Ich bringe dich zum Wirtshaus.", beschloss er und griff nach ihrem Arm. Auf einmal konnte sie seine Berührung nicht mehr ertragen und riss sich los.
  "Es geht schon.", sagte sie verärgert. "Ich werde den Weg alleine finden."
  "Bist du sicher?" Und sie hasste ihn dafür, dass er überhaupt fragte, anstatt zu handeln. Aber er ließ sie gehen, um bei dieser Kri zu bleiben.

Wie betäubt saß sie in der Schenke des Wirtshauses und starrte die Wand an. Sie zählte die Minuten, in denen Raakh fort war und mit jeder, die verstrich, formten sich Bilder in ihrem Kopf. Sie sah Sheemas schamlos knapp bedeckten Brüste und Raakhs Hände auf ihnen. Sie sah seine Hände auf ihrem Hinterteil, unter dieser Farce eines Rocks; sah wie sie zu Boden sanken und sich in den unaussprechlichsten Stellungen paarten.
  All diese Bilder konnte sie noch ertragen, denn sie waren undeutlich gezeichnet, eher wie eine Ahnung von etwas Unvorstellbaren. Aber etwas anderes zeichnete sich stechend scharf vor ihrem inneren Auge ab.
  Raakh würde durch die Tür des Gasthauses kommen, seinen Arm um ihre Hüften geschlungen, und ihr sagen, dass er Kelandra verlassen würde. Sie müsse jetzt alleine sehen, wie sie nach Singul kam, denn er würde mit Sheema nach Süden gehen, in seine eigene Heimat.
  Der Tag wurde zum Abend wurde zur Nacht. Und Raakh blieb fort. Kelandra gab es auf und ging auf ihr Zimmer. Sie öffnete die Tür und war auf einmal sicher, Raakh dort zu finden. Auf dem Teppich liegend und murmelnd, wo sie denn so lange geblieben war.
  Der Raum war leer.
  Kelandra warf sich stumm schluchzend auf das Bett und schluckte die Tränen hinunter. Weinen hieße aufgeben. Ich bin verrückt geworden. Ganz sicher. Ich kann dieses Chaos in mir nicht mehr ertragen.
  Die Tür knarrte. Kelandra sprang energetisiert auf. Raakh schlenderte vergnügt herein und schloss die Tür so beiläufig, dass es schrie. Er war glücklich. Er war hier, um ihr das zu sagen.
  "He, Kelandra. Ich wollte nur mal kurz nach dir schauen. Willst du mit runterkommen? Sheema ist da und..."
  Bei diesem Namen zeriss etwas in Kelandra und sie explodierte. "Dann geh doch zu ihr!", schrie sie ihn aus voller Lunge an. "Halt mich da raus! Ich hasse sie!"
  Die Stirn des Kri zog sich zusammen und seine Ohren zuckten nervös. "Kelandra..."
  "Geh hab' ich gesagt! Geh! Ich hasse dich!"
  Das zerstörte den fröhlichen Gesichtsausdruck Raakhs völlig. Und die unsagbare Traurigkeit und Verletztheit, die durch seine Hülle brachen schnitten ihr tiefer ins Herz, als ihre Worte je in seins hätten eindringen können.
  Kelandra schlang verzweifelt ihre Arme um Raakh und vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. Sie musste hart mit ihren Tränen kämpfen, hielt sie aber erfolgreich zurück.
  "Kelandra? Was ist passiert? Du bist völlig verstört.", fragte er verwundert und die tiefe Besorgnis in seiner Stimme trieb ihr nun doch die Tränen in die Augen. Heiße Bäche flossen aus ihren Augen und benetzten sein Fell.
  Noch bevor sie wusste, was sie da tat, sprudelte es aus ihr heraus: "Ich dachte ich würde dich verlieren, Raakh. Ich dachte, du würdest mit Sheema wieder nach Süden gehen oder sonst wo hin. Und mich allein zurücklassen."
  Raakhs Arme legten sich beschützend um sie und er fuhr mit einer Hand sanft über ihr Haar. "Bedeute ich dir wirklich so viel, Kelandra? Was ist los mit dir?"
  Seine Stimme war sanft und fürsorglich und erschütterte Kelandra noch mehr. "Ich weiß es nicht, Raakh, ich weiß es einfach nicht. Wie kann es sein, dass..." Ein Wall tauchte aus ihren Emotionen auf und schnitt ihre weiteren Worte ab. Wie kann es sein, dass sich ein Mensch in einen Kri verliebt? Doch diese Worte hätten alles noch schlimmer gemacht, da war sie sicher. Raakh gehörte zu Sheema, dass hatte sie gewusst, seit sie die beiden zusammen gesehen hatte.
  "Das habe ich mich auch gefragt, Kelandra. Aber die Liebe geht manchmal die seltsamsten Wege."
  Kelandra löste sich von dem Kri und sah ihn durch ihren Tränenschleier an. Zwei sanfte Finger wischten ihn beiseite. Ein Lächeln, traurig und gleichzeitig so warm wie noch nie, lag auf seinem Gesicht und in seinen Augen, als er sie ansah.
  Kelandras Verstand weigerte sich immer noch, das zu glauben, was sie eben gehört hatte. "Und... und was ist mit Sheema?"
  Raakhs Lächeln wurde noch fürsorglicher. "Sie ist meine Schwester, Kelandra."
  Er zog ihren Kopf wieder an seine Schulter und seine Schnurrhaare kitzelten ihre Wange, als er ihr ins Ohr flüsterte: "Ich liebe dich, Kelandra. Und so seltsam mir diese Liebe auch vorkommen mag, bedeutet sie mir doch mehr als alles andere."
  Kelandras Herz sang, als sie diese Worte vernahm, und ihre Tränen taten auf einmal nicht mehr weh, sondern heilten ihre Verzweiflung. Sie schmiegte sich noch enger an ihn und atmete seinen Duft ein. Zum ersten Mal ohne gemischte Gefühle, nun wusste sie ihr Herz zu deuten.
  Raakh schmiegte seine Wange an ihre und rieb sie leicht in langsamen, gleichmäßigen Bewegungen. Und es erschien ihr das Natürlichste auf der Welt seine Liebkosung auf die gleiche Weise zu beantworten. Das kurze Fell auf seiner Schnauze war noch weicher, als das Fell auf seinem Rücken und rief ein prickelndes Gefühl in ihr hervor. "Ich liebe dich, Sohn der Wüste. Ich liebe dich und es tut mir unendlich leid, was ich vorhin zu dir gesagt habe."
  "Sch! Lass diesen Dämon nicht in unsere Herzen, während wir uns so nahe sind."
  Die Spuren der Anspannung, Furcht und Trauer des Tages brachen über sie hinein. "Ich bin so müde...", seufzte sie und ließ sich fallen.

Raakh fing sie mit Leichtigkeit auf und trug sie zum Bett hinüber. Vorsichtig legte er sie nieder. Als er sich von ihren Armen befreien wollte, flüsterte sie: "Verlass mich nicht, Raakh."
  Und mit diesen Worten wurde der letzte Widerstand in ihm hinfort geschwemmt, der sich seinen Gefühlen wiedersetzte. All seine Liebe und Zuneigung flossen in dieses zerbrechliche menschliche Wesen, dass ihn so in seinen Bann gezogen hatte.
  Er legte sich neben sie und sie kuschelte sich sofort an ihn. Sie schmiegte sich an seine Seite, den Kopf auf seiner Schulter und eine Hand um seine Hüfte geschlungen.
  "Niemals, Kelandra."
  Und er fand in ihrer Nähe auf einmal so viel Trost. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit fühlte er sich nicht mehr einsam. All die Härte, die er um sich aufgebaut hatte, um in der Wildnis zu überleben, brach weg. Und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich nördlich der Wüste daheim.
  Lange lag er nur da, lauschte ihren gleichmäßigen Atemzügen und genoss das Gefühl, wie jedes Ausatmen über sein Fell strich. Wie würde die Welt auf ihre seltsame Liebe reagieren?
  Er fegte diesen Gedanken beiseite. Es war ihm egal. Das einzige, was ihn schmerzen würde, wäre Sheema zu verlieren. Aber lieber Sheema als Kelandra.
  Er grub seine Schnauze in ihr weiches Haar und sog ihren Duft in sich ein. So fremdartig, so gänzlich anders, aber dennoch weiblich und verlockend. Beim Schöpfer, wie ich sie liebe.
  Diese Worte folgten ihm in seine Träume und ließen ihn nicht fallen.

Am nächsten Morgen befreite er sich vorsichtig aus ihrer Umarmung, ohne sie dabei aufzuwecken. Sie regte sich kurz, machte einen zufrieden Laut und schlief dann weiter.
  Nachdenklich betrachtete er seine Liebe. Ihr Gesicht unterschied sich so sehr von einer Kri, und dennoch barg es eine Schönheit, die Raakh erst jetzt bewusst wurde. Ihren Gesichtszügen fehlten eine Schnauze, wirkten ohne das sandfarbene Fell seltsam nackt, die Ohren saßen an der falschen Stelle und sahen so eigenartig... rund aus. Aber er liebte die Form ihrer Nase, liebte dieses flache, friedliche Gesicht, liebte die verspielten Windungen ihrer Ohrmuscheln. Und ihre Lippen wirkten verlockender, als es die weichen Härchen über dem Mund einer Kri je getan hatten.
  Mühsam zwang er sich, seinen Blick abzuwenden, bevor es mehr wurde, als er ertagen konnte. Doch der Blick viel dafür auf ihre Beine. Ihr Kleid war nach oben gerutscht, so dass es gerade noch ihren Po bedeckte. Eigentlich fehlten ihr alle Attribute, die er an einer Kri für attraktiv gehalten hätte; kein Schwanz ruhte zwischen ihren Beinen, kein Fell bedeckte sie und seine Schwäche für starke Sprunggelenke befriedigten diese unvollständig anmutenden Füße auch nicht. Aber er wusste, wie gut sich ihre weiche Haut anfühlte und fragte sich, ob sie an ihren Beinen wohl auch so weich war. Ihre Schenkel und Waden vermissten die klar strukturierten Muskeln einer Kri, sahen aber so wunderbar weich geschwungen aus.
  Er spürte sein Begehren in sich aufsteigen und schloss seine Augen, um es zu bekämpfen. Es war unmöglich. Sie war so verletzlich. Nie im Leben würde er es riskieren, sie zu verletzen. Eher würde er sich umbringen.

Kelandra erwachte, nur um das Bett leer vorzufinden. Ihr Kopf schnellte nach oben und sie blickte sich hastig im Zimmer um. Raakh stand am Fuße des Bettes und schien mit geschlossenen Augen einer inneren Stimme zu lauschen.
  Leise schob sie sich vom Bett, aber seine Ohren zuckten und richteten sich auf sie. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Hattest du gute Träume, Geliebte?"
  "Die besten von allen.", erwiderte sie und schlang ihre Arme um seine Hüfte. Sie sah ihm in die Augen und merkte, dass er sich verändert hatte. Es schien, als wären die Charakterzüge, die er sonst geschickt verborgen hielt, seine Romantik, Fürsorglichkeit und... Weichheit, nach außen getreten.
  Und sie konnte nicht anders, als ihn zu küssen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, nährte sich seinem Mund. Wie sich wohl ein Kuss von ihm anfühlen mag?
  Ein Finger legte sich sanft auf ihre Lippen und brachte seinen Mund so aus ihrer Reichweite. Verwundert sah sie ihn an, aber sie konnte seinen Blick nicht deuten. Ein Teil seiner harten Hülle war wiedergekehrt. "Es geht nicht, Kelandra.", sagte er leise und dennoch schwang eine tiefe Sehnsucht in seiner Stimme mit.
  Er verwirrte sie noch mehr, als er sie nach diesen Worten so fest an sich drückte, als würde er sie nie wieder gehen lassen wollen. Seine Schnauze rieb zärtlich an ihrer Wange und vertrieb alle Zweifel. In diesem Moment fühlte sie, dass sie nicht mehr brauchte als seine Nähe und diese fremdartige Form der Zärtlichkeit.
  Für diesen Moment.
  Dennoch fragte sie vorsichtig: "Warum nicht?"
  Ein tiefer Seufzer folgte. "Wir sind zu unterschiedlich. Daran kann selbst unsere Liebe nichts ändern."
  Langsam und widerwillig lösten sie sich voneinander. Sein zuversichtliches Lächeln vertrieb ihren Kummer für den Augenblick. "Lass uns nach unten gehen und etwas essen. Sheema wartet bestimmt schon."
  "Sie ist immer noch da?"
  "Sheema übernachtet gerne so billig wie möglich und weiß genau, dass es kein Mensch wagen würde, einen Kri vor die Tür zu setzen."
  Raakh ging zu der Tür und atmete tief durch. Seine äußere Hülle war wieder vollkommen intakt, aber seine Augen funkelten verliebt, als er sich zu ihr umdrehte. "Kommst du?"
  Sheema saß tatsächlich an einem Tisch nahe des Kamins und blinzelte Raakh zu, als er die Treppe hinunterkam. "Na sieh mal, wer da kommt. Magst du mich nicht mehr, oder warum lässt du mich hier einfach warten? Ich hatte Ärger mit dem Wirt, weil er dachte ich wolle mir hier eine Nacht im Schankraum erschnorren."
  Der Wirt lief rot an und rief protestierend: "Kri sind gerngesehene Gäste in meinem Haus, ob sie zahlen oder nicht!" Erst jetzt bemerkte er an Sheemas Grinsen, dass sie ihn nur aufziehen wollte und er schüttelte den Kopf. "Verstehe einer die Kinder der Wüste.", brummelte er.
  Kelandra entging Sheemas leichte Überraschung nicht, als sich Raakh neben Kelandra und nicht neben seine Schwester setzte. "Wir hatten Wichtiges zu bereden.", sagte Raakh schlicht. Etwas warmes, pelziges berührte Kelandra am Fuß und sie quiekte erschrocken auf. Erst, als es sich weiter um ihr Fußgelenk schlängelte, merkte sie, dass es Raakhs Schwanz war. Sie ignorierte Sheemas fragenden Blick und Raakhs breites Grinsen. Es fühlte sich gut an.
  Sie frühstückten fröhlich und Kelandra konnte sich ihrer Zuneigung zu Sheema nicht entziehen. Vermutlich war das bei Kri so üblich, aber Sheema war die selbstbewussteste Frau, die sie kannte. Und sie hatte sich dennoch einen Schalk bewahrt, der eher zu einem kleinen Mädchen passte.
  Bis auf diese verborgene Liebkosung mit seinem Schwanz vermied Raakh jegliche Zärtlichkeiten, solange Sheema in der Nähe war. Das schmerzte sie. Aber sie verstand ihn auch. Wie würde sie sich jetzt verhalten, wenn sie mit Raakh an dem Tisch ihrer Eltern säße?
  Danach machten sie einen ziellosen Bummel durch die Straßen der Stadt. Raakh hielt dabei ihre Hand. Sheema bemerkte das zwar, beließ es aber bei einem nichtssagendem Achselzucken. Kelandra hingegen bedeutete diese kleine Geste viel.

Schließlich kamen sie auf den Platz der Händler und Sheema machte sich sofort über die verschiedenen Stände her, während sich Kelandra und Raakh eher bedächtig zurückhielten. Aber schon bald tauchte seine Schwester mit leuchtenden Augen wieder auf und zog Kelandra mit sich. "Ich hab' da was gefunden, dass musst du dir ansehen!", sagte sie nur.
  Raakh folgte ihnen resigniert. Frauen beim Einkaufen., dachte er mit einem inneren Grinsen. Den Männern um ihn herum, die mit ihren Frauen hier waren, schien es genauso zu gehen.
  Ein flüchtiger Blick auf den Stand genügte, um Sheemas Aufregung zu verstehen. Hier wurde Bekleidung verkauft, die aus Stoffen seines Volkes hergestellt wurde. Sie waren so geschnitten, dass sie wie echte Kri-Kleidung aussah, nur an die Bedürfnisse von Menschen angepasst.
  Der Händler war zunächst ein wenig verunsichert, gleich mit zwei Experten auf seinem Gebiet konfrontiert zu sein. Das hielt ihn aber nicht davon ab, Kelandra mit gewandten Worten einzufangen. Sie schien erst nicht sehr interessiert zu sein. Aber als der Händler ihr eines der Stücke in die Hand gab, warf sie Raakh einen begeisterten Blick zu und ihre dunkeln Augen glommen vor Staunen. Raakh sah über ihre Schulter und nickte zufrieden. Mrrish war ein sehr weicher, leichter und trotzdem haltbarer Stoff. Die Verarbeitung des Kleides war meisterhaft.
  Der Duft ihres Haares stieg in seine Nase und ein Hunger nach ihrer Nähe überkam ihn. Unauffällig ließ er seine Hände um ihre Taille gleiten und verschränkte seine Finger über ihren Bauch. Zum Glück war Sheema zu sehr mit den Kleidern beschäftigt, um es zu bemerken.
  Dem Händler hingegen entging es nicht. "Mit diesen Kleidern am Leib wird sie der Mann ihrer Träume um so lieber umarmen, oh Schönheit des Westens."
  Kelandra senkte ihren Blick um die Röte in ihrem Gesicht zu verbergen. "Ich brauche nicht mehr Kleidung, als ich bereits trage. In der Wildnis wäre mir ein zweites Paar nur eine Last."
  Raakh widersprach: "Diese Kleider hier werden dir in der Wüste genauso gute Dienste leisten, wie deine jetzigen, Kelandra."
  "Aber..."
  Leise flüsterte er in ihr Ohr "Wenn du sie willst, Kelandra, kannst du sie haben. Du wirst großartig in ihnen aussehen."
  Einen Moment lang zögerte sie. "Wir haben bestimmt nicht genug Geld, um..."
  "Haben wir.", sagte er kurz.
  Langsam schlich sich ein schüchternes Lächeln auf ihre Lippen, als sie wieder zu dem Händler aufblickte. Vermutlich hatte sie noch nie auch nur daran gedacht, solch teure Kleidung zu tragen. "Ich nehme sie."
  "Eine weise Entscheidung.", sagte Raakh und liebkoste ihre Wange.
  "Mir hast du nie ein Kleid spendiert.", maulte Sheema und blickte auf. Ihr Atem stockte. "Raakh!"
  Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er da tat. Er hatte Sheema vollkommen vergessen. Nur mit Mühe konnte er seinen Blick gelassen halten, als er seiner Schwester in die Augen sah. Dies war der Moment der Wahrheit.
  Sheemas entgeisterter Blick glitt zwischen ihnen beiden hin und her und er spürte, wie sich Kelandra versteifte. "Es wird alles gut.", wisperte er ihr zu. Wenn ich das doch nur selber glauben könnte.
  Als das Gesicht der Kri ausdruckslos wurde, wähnte er seine Schwester verloren. Er wandte sich dem Händler zu und bezahlte das Kleid, ohne auf seine Versuche zu feilschen einzugehen.
  Schweigend verließen sie den Platz. Sheema sah noch immer nichtssagend drein, während Kelandra sich ängstlich an ihn schmiegte. Kaum bot sich die Gelegenheit, zog die Kri sie in eine Seitengasse, packte ihren Bruder an den Schultern und drückte ihn an die Wand.
  "Bist du verrückt geworden, Raakh? Was denkst du dir dabei?"
  Er konnte ihren zornessprühenden Blick kaum ertragen, aber er hielt ihm stand. "Denken hat nicht viel damit zu tun. Das solltest du wissen, Sheema."
  "Aber sie ist ein Mensch! Du hattest schon einige Macken, aber das ist ja wohl die Größte von allen!"
  Ein tiefes Grollen erstieg aus seiner Brust und er fletschte die Zähne. Sheema wich einen Schritt zurück. "Ich liebe sie, verdammt!", schrie er sie an. "Wie kannst du es wagen, meine Gefühle als Macke abzutun?"
  Sheemas Gesichtsausdruck wandelte sich von Zorn in Erstaunen, dann in ein unsicheres Grinsen. "So ernst?"
  Raakhs Antwort war ein Knurren. Du ziehst den Kürzeren, Sheema. Ich liebe sie mehr als dich.
  Sheema sah Kelandra neugierig an. "Was soll ich da noch sagen?" Sie tat einen Schritt auf Kelandra zu. Kelandra hielt stand. "Willkommen in der Familie, Tochter des Nordens."
  Ein nervöses Lachen entwich ihr und sie sah die Kri immer noch zweifelnd an.
  "Er ist mein Bruder, Kelandra. Da muss ich doch auf ihn aufpassen." Dann senkte sie kurz den Kopf. Raakh war erstaunt. Das war eine Geste, die er bei seiner Schwester selten sah. "Verzeih mir Kelandra, ich wollte dir keinen solchen Schreck einjagen." Sie machte einen schnellen Satz auf sie zu und drückte sie kurz.
  Raakh seufzte erleichtert. Ich habe sie unterschätzt., stellte er fest. Sie hatte einen manchmal sprunghaften Charakter, war aber im Grunde ihres Herzens ein gutes Wesen.

Auch wenn die folgenden Tage zusammen mit Raakh ihr mehr gaben, als sie noch vor einer Woche zu träumen gewagt hatte, wurde sie doch zunehmend trauriger. Raakh wich jedem ihrer Versuche aus ihn zu küssen. Sie konnte nicht verstehen, wieso er sie nicht genauso anziehend fand, wie sie ihn. Sie hätte alles dafür gegeben, zärtlich zu ihm zu werden - eben mehr als diese brüderliche Liebkosung der Wangen, die er auch ab und zu mit seiner Schwester teilte. Immer wenn sie es dennoch versuchte, wies er sie sanft, aber unnachgiebig zurück.
  Sheema bemerkte schließlich, dass etwas nicht mit ihr stimmte und sie passte einen Moment ab, in dem sie mit Kelandra unter vier Augen sprechen konnte.
  Und Kelandra schüttete der Kri ihr Herz aus. Ihre Worte waren nicht mehr zu stoppen, nachdem sie angefangen hatte und sie hörte erst auf, als alles gesagt war. "Manchmal denke ich, dass er mich gar nicht wirklich liebt. Nicht so, wie ich ihn liebe. Mehr wie eine Schwester."
  Sheema schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich würde ihm den Kopf abreißen, wenn er versuchen würde seinen Schwanz um meine Sprunggelenke zu schlingen."
  "Sheema..." Es ärgerte Kelandra, dass die Kri nicht einen Moment ernst bleiben zu können schien.
  Genau in diesem Moment wurde sie ernst und sah sie seltsam an. Ihre Stimme war fern und abwesend, als sie sagte: "Er hätte mich getötet um dich zu behalten, wenn ich ihn zum Duell herausgefordert hätte, Kelandra. Ich habe es in seinen Augen gesehen und, bei Gott, ich möchte diesen Ausdruck nie wieder sehen. Er hat mir Angst gemacht."
  "Aber was ist dann mit ihm? Er scheint sich nicht im geringsten von mir angezogen zu fühlen!"
  Sheema lächelte verträumt. "Ich hätte es nie für möglich gehalten, meinen Bruder so zu erleben Kelandra. Ich hielt ihn immer für den ungestümen, verantwortungslosen Jungen, der seine Familie verließ, nur um im Norden nach Abenteuern zu suchen. So wie ich auch.
  Aber das Gegenteil ist der Fall. Und er liebt und begehrt dich mehr, als du es ermessen kannst, Tochter des Nordens."
  "Er sieht mich ja nicht mal an! Entweder er sieht mir ins Gesicht oder ganz weg, wenn ich auch nur ein bisschen mehr zeige, als meine Schultern."
  Sheema blickte kurz auf ihre Hände hinab. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich je einmal mit einem Menschen darüber sprechen würde...", murmelte sie und schüttelte den Kopf. "Du hast vielleicht schon Gerüchte unseres... sexuellen... Appetits gehört."
  Kelandra nickte und musste unweigerlich an ihre Befürchtungen gegenüber Raakh denken, die sie noch vor einigen Wochen gehabt hatte.
  "Sie sind war." Und hastig fügte sie hinzu: "Zumindest ein Teil davon." Sie schwieg eine Weile und legte sich die passenden Worte zurecht. "Wir Kri lernen, diesen Trieb zu kontrollieren, sobald wir erwachsen werden. Es ist auch nicht viel dabei, aber... Nun ja... Diese Kontrolle wird um vieles schwerer, wenn wir einen Partner finden."
  "Aber wo liegt dann das Problem?", fragte Kelandra beinahe verzweifelt.
  Sheema sah sie jetzt unverwandt an, so als würde sie die Antwort in Kelandras Augen suchen. "Ich weiß nicht wie er das fertig bringt; du hast mir gesagt, dass ihr das Bett teilt. Es muss für ihn eine unglaubliche Willensanstrengung sein, dabei nicht... weiter zu gehen. Er hat Angst, dich zu verletzen, Kelandra. Das ist der Grund."
  "Ich verstehe nicht. Er würde mich nie..."
  Sheema schüttelte erneut den Kopf und sah wieder auf ihre Hände hinab. "Nicht willentlich, nein. Aber wir haben ein wildes Erbe, Kelandra. Es gibt Momente, in denen es durchbricht und... und..."
  "Was willst du sagen? Dass er zur willenlosen Bestie wird?", Kelandra war den Tränen nahe. Nie, nie im Leben würde Raakh so sein. Nie!
  Sheema blickte erschrocken auf. "Dass darfst du nicht denken, Mensch. Aber unsere Art der Liebesbezeigung fällt ein wenig... rauer aus, als das wohl bei euch Menschen der Fall ist."
  "Was..."
  Die Kri rieb abwesend ihren Nacken. "Wir...", sie lächelte verträumt, "... beißen uns ein wenig."
  Kelandra dachte an Raakhs scharfen langen Fangzähne und schauderte.
  Sheema hob mildernd die Hände. "Es ist nicht so, dass wir uns am ganzen Körper blutig beißen, Kelandra, wir sind keine Bestien. Aber es gibt da eine Stelle, am hinteren Halsansatz, nahe der Schulter, die bei uns beinahe schmerzunempfindlich ist. Die Wunden sind selten tief und wir Kri sind zäh.
  Aber du bis ein Kind des Nordens. Raakh würde nie riskieren dir solch große Schmerzen zuzufügen, während die Fäden der Kontrolle dünn sind."
  In diesem Moment liebte sie Raakh noch mehr als zuvor. Doch ihr Herz verzagte, als sie an ihre Zukunft dachte.

Der Tag des Abschieds war gekommen. Sheema würde nach Norden gehen, während Kelandra mit Raakh weiter auf Singul zuhalten wollte. So stand Kelandra nun vor den Toren der Stadt und blickte über das weite Land.
  Kelandra trug zum ersten Mal ihre neuen Kleider; die alten hatte sie weggeworfen. Sie fühlten sich wunderbar auf ihrer Haut an und Raakh hatte sie angesehen, wirklich angesehen, und gesagt, sie sähe zauberhaft aus.
  Raakh umarmte gerade seine Schwester und verabschiedete sich in ihrer Sprache von ihr. Dann flüsterte er ihr etwas ins Ohr, eine völlig sinnlose Geste, und Sheema nickte zustimmend. Sie setzte eine ihrer Taschen ab und holte etwas längliches, in weiches Leder gewickeltes hervor.
  Lächelnd hielt sie es Kelandra hin. "Mögest du es besser verwenden, als ich es tat, Kind des Nordens. Zutrauen tu' ich's dir."
  Mit einem zögernden Dankeschön nahm sie es entgegen. Was immer es war, es war schwer. Unsicher, was sie damit machen sollte, sah sie es an.
  "Mach' es schon auf, Kelandra.", forderte Sheema sie auf. Raakh nickte ihr auffordernd zu.
  Vorsichtig legte sie es auf den Boden und faltete das Leder beiseite. Ungläubig hielt sie den Atem an. Es war ein Paar Rikashi. "Das kann ich nicht annehmen, Sheema. Du brauchst sie doch..." Dennoch nahm sie die Waffen probierend in die Hand und war überrascht, wie leicht sie waren. Immer noch schwer genug, um tödlich zu wirken, aber um vieles leichter als Raakhs Rikashi.
  Sie führte ein paar Schläge und Blöcke aus. Besser. Viel Besser. Jetzt bereute sie ihre Worte von eben. Sie wollte diese Waffen nicht hergeben.
  Sheema sah sie mit gehobenen Augenbrauen an. "Was hast du vor, Bruder? Willst du die erste menschliche Meisterin ausbilden?" Und zu Kelandra gewandt: "Behalte sie, Tochter des Landes. Sie sind jetzt schon ein Teil von dir und du wirst dich um vieles besser schlagen, als ich es je könnte."
  "Aber ohne Waffen bist du schutzlos!"
  Sheema schenkte ihr ein geheimnisvolles Blinzeln. "Ich habe meine eigenen Mittel, um mich meines Fells zu wehren. Ich hatte sie sowieso nur bei mir, weil es sich für einen Kri so gehört."
  "Von Herzen Dank, Sheema. Ich werde sie in Ehren tragen." Sie wickelte sie wieder in das Leder ein und schob sie in die Tasche, die an ihrer Seite hing. "Wenn ich gelernt habe sie zu benutzen. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr, Geliebter."
  Raakh murmelte gespielt grimmig: "Du wirst dir noch wünschen, ich hätte eine."
  Sheema umarmte sie herzlich und sagte dabei leise zu ihr: "Pass gut auf dich auf Kelandra. Mein Bruder wird sich ohne Zögern opfern, um dein Leben zu schützen. Also bringe es nicht unnötig in Gefahr." Sie sah den traurigen Blick in Kelandras Augen und fügte noch leiser hinzu: "Ich wünsche dir, dass du findest, was du suchst. Es ist nicht unmöglich."
  Dann schulterte sie ihre abgesetzte Tasche, winkte ihnen noch einmal fröhlich zu. "Ich sehe euch in ein oder zwei Jahren." Damit wandte Sheema sich ab und begann ihre Reise nach Norden.
  "Wie hältst du solche Trennungen nur aus, Raakh?", fragte sie ihn. Sie vermisste die Kri schon jetzt.
  "Ich suche mir eine Menschenfrau, verdrehe ihr den Kopf und zerre sie dann mit mir durch die Savanne.", erwiderte er. "Das ist mehr als genug für mich."
  Er umarmte sie kurz tröstlich. "Komm jetzt, der Weg ist weit."

Die folgenden Tage war Raakh glücklich. Es tat gut, wieder durch die Savanne zu ziehen und das wahre Leben eines Kri zu führen. Das machte auch das Zusammensein mit Kelandra irgendwie erträglicher. Er schmuste öfter mit ihr und schien sie damit glücklich zu machen.
  Seit einiger Zeit versuchte sie nicht mehr darüber hinaus zärtlich zu werden und das erleichterte es ungemein. Aber die Sehnsucht blieb. Er sehnte sich nach Zärtlichkeit, die er so lange entbehren musste und nun um so mehr mit seiner Liebe teilen wollte.
  Sein Wille war stark. Und manchmal hasste er ihn.
  Es machte ihm Freude Kelandra zu unterrichten. Sie war wirklich begabt, und die Rikashi lagen nun in ihren Händen, als währe sie damit geboren worden. Es hatte keine vierhundert Meilen gebraucht, um aus ihr eine ganze Kri zu machen. Doch es genügte dennoch nicht.

"Los, greif mich an.", forderte Raakh sie auf. Er stand in leicht geduckter Position da und wartete ihre Attacke ab. Heute war eine Lektion in waffenlosem Kampf dran.
  Kelandra seufzte innerlich. Der Kri war übermenschlich schnell und egal, was sie versuchte, er schien noch die Zeit zu haben eine Gazelle zu verspeisen, bevor er ihrem Angriff ein Ende setzte. Immer wenn sie sich darüber beschwerte, sagte er nur, sie solle nicht versuchen, auf einem Gebiet besser zu sein, wenn das unmöglich war. Und wenn sie dann fragte, warum sie denn dann kämpften, sagte er, den Kampf meine er nicht.
  Sie schlug zu - schnell, wie sie fand - doch Raakh wich ihrem Angriff mühelos aus, leitete ihn mit einem Handgriff weiter und sie landete im Staub. Wie so oft.
  In dem Moment, als sie sich hochrappelte, kam ihr eine Idee. Sie versuchte ihr Lächeln zu verbergen, aber Raakh bemerkte es sofort.
  "Eine neue Idee für einen Angriff? Probier' sie aus!"
  Kelandra mimte Enttäuschung und murrte: "Warum soll ich überhaupt angreifen? Du hast selbst gesagt, du lehrst mich Verteidigung."
  "Manchmal ist ein Angriff der beste Weg, einem Angriff zuvorzukommen, Kelandra." Er sprang blitzschnell vor, aber genau das hatte sie erwartet. Sie wich dem Angriff aus und erwischte Raakh in der Luft vollkommen schutzlos. Sie verwandelte seinen Sprung in einen Sturz und warf ihn auf den Rücken. Noch während er nach Luft schnappte, setze sie sich auf ihn, blockierte mit den Knien seine Arme und schlug zu. Der Hieb stoppte kurz vor seinem ungeschützten Hals.
  Kelandra erlaubte sich ein zufriedenes Lächeln. "Hab ich dich."
  Raakh lachte aus vollem Hals. "Diesmal hat der Schüler seinem Lehrer eine Lektion erteilt. Das ist deine Stärke, Kelandra. Benutze deinen hübschen Kopf zum Denken."
  Kelandra ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. Sie sah ihn lächelnd an und er erwiderte es. So eine Gelegenheit bekomme ich nie wieder., dachte sie. Sie ergriff seinen Kopf mit beiden Händen, beugte sich vor und küsste ihn.
  Der ernste Blick Kelandras hätte ihn eigentlich warnen müssen, aber der Kuss traf ihn unvorbereitet. Er war voll und zärtlich. Raakh konnte nicht anders, als ihn zu erwidern. Hinfort getragen von seiner Liebe schmiegte er seine Lippen um ihre, ließ sie sanft entgleiten um sie dann erneut zu umschließen...
  Sie konnte nicht aufhören ihn zu küssen. Ihr Verstand war klar und sie war sich vollkommen bewusst, was sie da tat, und sie genoss es darum noch mehr. Das Fell um seine Lippen herum war unsagbar weich und glitt mit jeder sanften Bewegung über ihre empfindlich Haut.
  Es drang in ihr Bewusstsein, dass Raakh versuchte, seine Hände freizubekommen. Unsicher beendete sie den Kuss. Ihr Geliebter lag mit geschlossenen Augen da und lächelte. Als sie sich öffneten, blickten seine dunklen Rubine friedvoll zu ihr auf.
  "Gib meine Hände frei, Kelandra.", forderte er sie mild auf. Er spürte, wie seine Liebe zu Kelandra ein weiches Bett für seinen Willen bereitete und er musste sich für den Moment keine Sorgen machen. Zögernd gab sie seine Hände frei.
  "Ich konnte nicht anders, Geliebter.", sagte sie und sie war wunderschön in ihrer traurigen Verzweiflung. Eine Verzweiflung, für die er die Ursache war.
  "Wir hatten von Anfang an keine Wahl, Kelandra.", gab er mit der sanftesten Stimme zurück, zu der er fähig war. Er schob eine Hand hinter ihren Kopf und zog sie wieder zu sich hinunter. Ihr seidenes Haar flüsterte sinnliche Versprechen unter seinen Fingern, während er sie küsste.
  Kelandras Lippen teilten sich und nahmen die seinen mit. Sie ist so weich! So weich!, war das Einzige, was er denken konnte, als ihre Zungenspitze über seine raue Zunge glitt. So vorsichtig er konnte, aus Angst, sie zu grob zu berühren...
  ...schlang er seine Zunge um ihre. Sie war wunderbar rau und doch gleichzeitig so sanft. Er schmeckte anders, als sie erwartet hatte. Eine Ahnung von Wildnis lag darin. Etwas brannte in ihrem Brustkorb und diese Flamme wurde mit jedem Kuss, jedem zärtlichen Tasten der Zunge größer, bis ihr das Atmen schwer fiel und sich ihr Magen in etwas Kribbelndes verwandelt hatte.
  Er ließ seine freie Hand allmählich nach unten wandern, bis seine Fingerspitzen den Ansatz ihres Pos berührten. Langsam schob er sie tastend, jeden Millimeter bewusst wahrnehmend, die weiche Rundung ihres Pos hinauf und ließ sie auf der unteren Seite wieder hinabgleiten. Er konnte ihr Lächeln in ihren Küssen spüren, als er mit seiner Hand liebevoll über ihre Rundung streichelte, die Andeutung eines Tals durch den Stoff ertastete, während er zu ihrer anderen Seite wechselte.
  Sie liebte das Gefühl seiner Hand auf ihrem Po. Er nahm sie endlich als weibliches Wesen wahr und seine Zärtlichkeiten fühlten sich durch diesen dünnen, weichen Stoff phantastisch an. Kelandra fragte sich gerade, wie sich seine Hände wohl auf ihren Brüsten anfühlen würden, als Raakh vorsichtig mit ihr herumrollte, bis sie auf dem Rücken lag. Ihr Liebhaber ließ ihren Kuss dabei nicht einen Moment abbrechen und schmiegte sich jetzt halb auf ihr liegend an ihre Seite. Mit einer fließenden, ruhigen Bewegung glitt seine Hand ihre Hüfte und ihren Bauch hinauf, um mit seiner Hand ihren Busen zu bedecken. Als sie seine Finger durch den seidigen Stoff hindurch über ihre Knospe streichen spürte, entwich ein wonniger Seufzer ihren liebkosenden Lippen.
  Sie war voller, als er erwartet hatte. Ihr Busen füllte seine Hand perfekt aus und schien für seine Berührung geschaffen zu sein. Als er sanft zudrückte, konnte er wieder nur denken, wie weich sie doch war. Alles an Kelandra war ein weiches Versprechen von Zärtlichkeit.
  Raakh wollte die Kleidung, die seine Hände von ihren bloßen Brüsten trennte beiseiteschieben, aber er wusste: Mit dieser Hülle würden auch seine letzten Barrieren schwinden. Er wünschte nichts sehnlicher und fürchtete nichts mehr.
  Er beendete sein Küssen und sah auf seine geliebte Kelandra hinab. So bezaubernd fremd in ihrer Schönheit. Dunkle Augen, wie tiefe Seen in denen er versinken wollte, sahen zu ihm auf.
  "Kelandra... du bist so wunderschön, und ich habe es dir noch nie gesagt..." Er strich mit seinem Fingerrücken eine Strähne aus ihrem Gesicht und entlockte ihr damit ein Lächeln. "Aber wir können nicht weiter gehen. Ich würde dich verletzen."
  Verzweiflung stahl sich in ihr Herz. Sie wollte sich ihm hingeben und ihn so von all der Sehnsucht und Verzweiflung befreien, die er in sich trug. Doch er ließ sie selbst jetzt nicht an sich heran. "Raakh." Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn auf die Stirn. "Mit jedem Mal, bei dem du meine Küsse zurückwiest oder meine streichelnden Hände von dir nahmst, hast du mich mehr verletzt, als du es je körperlich könntest."
  "Du weißt nicht, wovon du sprichst.", widersprach er ihr traurig.
  Sie schmiegte ihren Busen tiefer in seine Hand und das Begehren, das in seinen Augen aufflammte war so verzweifelt, dass es ihr weh tat. "Ich habe mit Sheema gesprochen, Geliebter. Liebe mich auf deine Weise, alles Andere wärst nicht du."
  Kelandras Worte wahren Balsam in seinen Ohren. Er wusste immer noch nicht, wie gefährlich er für sie wirklich war, aber sie war bereit dieses Risiko mit ihm gemeinsam einzugehen. Sie würden heute beide glücklich werden oder beide sterben. "Das werde ich, Geliebte."
  Kelandra zog Raakh wieder zu sich. Sie wusste nicht, wie sie die Schmerzen eines Bisses ertragen sollte, aber sie hoffte, ihre Liebe würde standhalten.
  Als Kelandra ihm ihren Nacken darbot, war er erst verwundert, begriff dann aber. Was für eine wundervolle Frau. Sie würde dieses Opfer tatsächlich auf sich nehmen. Lächelnd ließ er sich an ihre Schulter ziehen und...
  ... er küsste sie liebevoll an ihrem Halsansatz. Mit geschlossenen Augen erwartete sie den Schmerz. Statt dessen knabberten seine Zähne zärtlich an ihrem Hals, ohne ihre Haut auch nur zu ritzen. Sie kraulte Raakh wonnig hinter den Ohren und ein sinnliches Schnurren erklang in seiner Kehle. Sein Knabbern, unterbrochen von schnurrenden Küssen, wurde noch sanfter und sie entspannte sich. Es fühlte sich so gut an.
  Dann drang seine Stimme in ihr Ohr, mild und verführerisch. "Ich glaube Sheema hat dir wohl nicht alles erzählt. Wir beißen uns nicht als Vorspiel. Dazu sind wir viel zu schmusebedürftig." Dann leckte seine raue Zunge flink über ihr Ohr und Kelandra musste kichern.
  "He, lass das!", sagte sie lächelnd. "Das kitzelt." Raakh sah sie verwirrt an. "Probier lieber deine Zähne aus.", fügte sie hinzu. Raakh sah erst kurz verstört drein, lächelte dann und begann übervorsichtig an ihren Ohrläppchen zu knabbern. Plötzlich verstand Kelandra seine Verwirrung. Er hatte doch nur... Raakhs Ohr befand sich direkt vor ihrem Mund und sie leckte zärtlich mit ihrer Zungenspitze über die zarte Innenseite. Sein Schnurren schwoll an. Sie wiederholte diese Zärtlichkeit und dieses unglaublich erregende Schnurren Raakhs wurde noch lauter.
  Ihre Finger kraulten ihn angenehm hinter seinen Ohren und ihre weiche Zunge raubte ihm fast den Verstand, während ihr Atem heiß in sein Ohr schlug. Es gab nur wenige Stellen am Körper eines Kri, die so empfindlich waren, wie die Ohren.
  Ihre Ohren hingegen... "Wenn es deine Ohren nicht sind, wo soll ich es dann versuchen?", flüsterte er.
  "Ich denke du weißt, wo ich dich jetzt spüren möchte.", antwortete sie mit verlockender Stimme. "Und ich glaube ich mag es lieber, wenn du meine Haut küsst, statt sie zu lecken."
  Raakh lächelte. "Daran werd' ich mich erst gewöhnen müssen. Lass mich sehen..." Er küsste sie sanft aufs Kinn, dann auf die Kehle und dann auf den Ansatz ihres Busens. Er liebte das Gefühl, das ihre weiche Haut auf seinen Lippen verursachte.
  Er verschwand nach unten, schob ihr Oberteil ein wenig nach oben und küsste sie sachte auf den Bauch. Ihre Haut war heiß und leicht gerötet und einladend.
  Mit seiner Schnauze stupste er ihr Oberteil weiter nach oben und das weiche Fell auf ihr liebkoste dabei ihre Haut. Jeden Quadratzentimeter ihrer entblößten Haut bedeckte er mit federleichten Küssen.
  Irgendwann hielt es Kelandra nicht mehr aus. Sachte schob sie den Kopf ihres Geliebten von sich und streifte ihr Oberteil über den Kopf.
  Der raue Kuss eines gezähmten Löwen jagte einen Schauer der Erregung von ihrem Busen aus durch ihren ganzen Körper und ein leises Stöhnen entwich ihren Lippen.
  Raakh brach seine Zärtlichkeiten ab. "Habe ich dir weh getan?", frage er besorgt.
  Kelandra schob seine weiche Schnauze wieder gegen ihre Brust. "Das ist unsere Art des Schnurrens, Geliebter.", hauchte sie in ungeduldiger Erwartung seines nächsten Kusses.
  Und er gab ihr gerne, was sie wollte. Ihr fellloser Busen war so verlockend, der Inbegriff nackter Weiblichkeit, dass er seine Hände und seinen Mund nicht von ihm lassen konnte. Bald hatte er herausgefunden was sie wollte. Er streichelte sie sanft mit Händen und Schnauze, er drückte sanft zu, massierte sie zärtlich und bedeckte sie mit Küssen. Manchmal ließ er seine Zunge über ihre Brustwarzen gleiten, während er sie küsste oder an ihnen liebkosend saugte.
  Sie kraulte ihn weiter hinter den Ohren und Raakh schnurrte zufrieden. Und dieses Schnurren vibrierte in jedem Kuss, den er ihr schenkte. Mit jeder Zärtlichkeit wurde ihr Verlangen größer, ihn ebenfalls zu liebkosen, ihn zu erforschen.
  "Jetzt bin ich dran.", murmelte sie schließlich und schob ihn von sich hinunter. Kelandra setzte sich auf seine Schenkel und sah auf ihren Geliebten hinab. Ein herausforderndes Grinsen lag auf seinem Gesicht.
  "Bist du sicher?" Noch während er das fragte, richtete er sich auf und schmiegte sich an sie. Dann ließ er seine gespreizten Finger ihren Rücken hinauffahren, wobei er seine Krallen leicht ausfuhr und Schauer durch ihren Körper jagte.
  Bevor er Gelegenheit hatte sie noch mehr in den Wahnsinn zu treiben, drückte sie Raakh wieder zu Boden. Sie atmete einmal tief seinen wilden Duft ein, der intensiver geworden zu sein schien. Sie bettete ihren Kopf auf seine Brust und begann mit ihren Händen über seinen Körper zu streicheln. Seine Schultern, seine Arme, Brust und Bauch - jedes Stück von ihm bot diesen wundervollen Kontrast zwischen seinem weichen Fell und seinen stets leicht angespannten Muskeln darunter.
  Sie wollte ihn am ganzen Körper küssen, wusste aber, dass ihm diese Zärtlichkeit wegen des Fells nichts geben würde. Sie ließ ihre Zunge über den Flaum auf seiner Brust gleiten und verzog lächelnd das Gesicht. Zu viele Haare für ihre weiche Zunge.
  Also grub sie ihr Gesicht in sein Fell und wühlte es sanft mit ihrer Nase und ihren Lippen auf. Raakhs Schnurren wurde tiefer. Sie genoss diese Liebkosung mindestens so sehr wie Raakh, denn mit jedem Atemzug schien sich sein Duft tiefer in ihre Erregung zu dringen.
  Sie wanderte mit ihren Zärtlichkeiten immer tiefer, immer mehr dorthin, wo er ihre Berührung am sehnlichsten spüren wollte. Er fuhr mit seiner Hand immer wieder durch ihr seidiges Haar und streichelte mit seinem Schwanz über die Innenseiten ihrer Schenkel.
  Kelandra spürte seine steigende Erregung. Mit einem erwartungsvollen Lächeln, dass sie ihrem Liebhaber zuwarf, öffnete sie den Verschluss seines Gürtels, streifte seine Hose nach unten und hielt verwirrt inne. "Wo..."
  Raakh wusste, das männliche Kri, im Gegensatz zu menschlichen Männern, über eine Scheide verfügten, die ihr Glied schützen. Kelandra konnte das nicht wissen. Er nahm ihre Hand in seine und legte sie sanft auf die Stelle, unter der sich seine halb geschwollene Männlichkeit verbarg.
  Ein verstehendes Lächeln huschte über ihre Lippen und sie schloss ihre Finger um sein Glied. Sie konnte es voller und härter werden spüren, während sie ihre Hand auf und ab streichen ließ. Raakh schloss seine Augen und stieß ein lautes Knurren aus, das zu einem noch tieferen Schnurren abklang.
  Das Fell um Raakhs Geschlecht herum war das weichste an seinem ganzen Körper und fühlte sich fantastisch an, während es durch ihre Finger glitt. Sie ließ ihre Fingerkuppen über seine Hoden streichen und sie stellte zufrieden fest, dass zumindest einige Attribute bei beiden Spezies gleich waren.
  Als der Kopf seines Gliedes aus seiner Scheide hervortrat beugte sie sich hinab und küsste ihn. Raakh stieß erregt seine Hüfte nach vorn, aber Kelandra wich ihm aus und drückte ihn sachte wieder zu Boden. "Gedulde dich noch ein Bisschen, Geliebter. Nur noch kurz."
  Dann schloss sie ihre Lippen um sein Glied. Er schmeckte leicht süßlich und ein wenig herb. Sein Geschmack und sein Geruch füllten jetzt einen Großteil ihres Verstandes aus. Sie wusste, dass sie nicht mehr lange warten können würde.
  Sie erhöhte die Geschwindigkeit ihrer Hand, während sie sein Glied mit Mund und Zunge verwöhnte. Es kostete ihn erhebliche Willenskraft seinen Unterleib still zu halten. Er wollte Kelandra auf der Stelle nehmen, aber er brachte es nicht fertig sich von ihrer zärtlichen Zunge loszureißen, die so unsagbar weich und glatt über sein Glied glitt.
  Raakh konnte das nicht allein ertragen, er musste ihr etwas davon zurückgeben. Sein Schwanz tastete sich unter ihrem Rock weiter ihre Schenkel hinauf, bis er ihre Weiblichkeit berührte. Überrascht stellte er fest, dass sie wirklich nur ihre Kri-Kleidung trug und auf überflüssige menschliche Unterwäsche verzichtet hatte.
  Seine Schwanzspitze glitt in einer raschen Bewegung über ihren Venushügel und schmiegte sich dann innig gegen ihn. Kelandra hielt kurz mit ihren Liebkosungen inne und genoss das sinnliche Gefühl. Sein weiches Fell glitt über ihre Schamhaare, rieb an ihrem Hügel und kitzelte federleicht an ihren Lippen. Warum nahm Raakh sie nicht endlich? Sie wandte sich um so intensiver wieder seinem Glied zu.
  Irgendwann, eine qualvoll schöne Ewigkeit später siegte seine Lust. Sein Begehren hatte sich immer mehr ausgebreitet und brannte nun in seinen Lungen, seinem Bauch und pumpte durch seine Adern. Mit einer rückgewandten Bewegung seiner Hüften entzog er sich ihrem Mund. Blitzschnell richtete er sich auf, stieß Kelandra nach hinten und fing sie im Fall schon wieder auf. Binnen eines Augenblicks bettete er sie sanft im flachen Gras und küsste sie innig.
  Hastig befreite er sie von ihrem Rock und Kelandra half ihm leidenschaftlich. Er spürte, wusste dass sie bereit war. Dass sie ihn ebenso begehrte, wie er sie. Aber eine Sache war noch stärker als der Drang, sich mit ihr zu vereinen. Er wollte es mit ihrem Geruch in seiner Nase tun.
  Als sie sich ihm öffnete, sank er nach unten, schmiegte seine Schnauze an ihr Geschlecht und sog ihren Duft ein. Süßlich mild stieg er ihm in die Nase und füllte seinen Verstand aus. Und er konnte nicht anders, er musste sie schmecken.
  Raakhs Zunge glitt sanft reibend über ihre Lippen. Seine Liebkosung war sanft und rau zur gleichen Zeit, liebend und wild. Frustriert schrie sie auf. Sie wollte ihn endlich in sich spüren. In diesem Moment drang seine Zunge in sie ein. Noch nie hatte sie so bewusst wahrgenommen, wie lang seine Zunge eigentlich war. Bis jetzt. Sie ergriff seinen Kopf, presste ihn gegen ihren Venushügel und krallte ihre Hände in seinem Fell fest.
  Ihre Finger gruben sich in die empfindliche Stelle hinter seinen Ohren. Der Schmerz war erträglich, klärte aber seinen Verstand ein wenig. "Kelandra..." Ihr Griff wurde schwächer. "Lass meine Ohren los."
  Sie lockerte ihren Griff noch mehr, ließ aber nicht los. Statt dessen zog sie ihn daran sanft zu sich hinauf und er folgte willig. Kelandras Atem ging schwer und sie sah ihm lächelnd an. Ihre Hand ergriff sanft sein Glied und führte es zur Blüte ihrer Lenden. "Kein Zurück, Geliebter.", flüsterte sie.
  "Kein Zurück.", stimmte er ihr zu und blickte ihr in die Augen, während er in sie eindrang. Mit jedem bisschen, das er tiefer in sie drang spürte er seine Kontrolle ein wenig mehr entgleiten. Aber jenseits der Kontrolle war sein wildes Erbe und seine Liebe zu ihr.
  Und als sich ihre Lippen zu einem sinnlichen Seufzer teilten und sich ihre Arme um seine Schultern schlangen, als sich ihr weicher Körper gegen seinen schmiegte und sich mit ihm vereinte, wusste er, es würde gut werden. Und er ließ los.
  Er füllte sie aus und es fühlte sich wunderbar an. Raakh begann sich in ihr zu bewegen. Er zog sich langsam zurück und stieß schneller zu. Langsam, schnell. Mit jeder Bewegung, jedem Pulsschlag, jedem Atemzug spürte sie sein weiches Fell an ihrer Wange, an ihrem Körper und an ihren Schenkeln reiben. Und sie spürte seine Muskeln darunter arbeiten.
  Sie grub ihre Hände in das Fell auf seinen Schultern, schlang ihre Beine um seine Hüfte, hielt ihn mit allem fest, was sie hatte. Ihre Erregung suchte ein Ventil, aber sie fand es nicht.
  Raakh begann an ihrem Hals zu knabbern; auch seine Erregung suchte einen Ausweg. Mit jedem Stoß wurde sein Begehren größer, dass zu tun, was sein Instinkt verlangt. Er spürte ihre angespannten Muskeln durch ihre Haut hindurch massierte sie mit seinen Zähnen. Das Feuer in seinen Lungen, das Pochen in seinen Schläfen wurde unerträglich und Kelandra... er biss zu. Ihre Muskeln boten einen befriedigenden Wiederstand, als seine Zähne in sie sanken.
  Der Schmerz schoss scharf und klar durch ihren Verstand. Wie ein Blitz durchdrang er den Nebel ihrer Erregung und... und... verschwand eben so schnell! Nur ein angenehmes dumpfes, pulsierendes Pochen blieb zurück. Die Klarheit in ihrem Verstand blieb. Sie spürte jetzt bewusst jede Faser ihres Körpers, die vor Erregung vibrierte, spürte jeden Nerv, der von seinem Fell, seinem Glied, seinen Zähnen und seinem Sein stimuliert wurde. Und diese geballte Wahrnehmung ihrer Lust trieb sie über die Grenze. Und bevor die Wellen ihres Orgasmus ihr bewusstes Denken fortschwemmten, flogen ihr zwei Gedanken durch den Kopf: Hoffentlich hat er mich nicht zu sehr verletzt. und gleichzeitig Wenn ich schon sterben muss, dann so.
  Raakh spürte ihren Höhepunkt und das war seine Erlösung. Er stieß noch einmal zu, tief und fest, und kam. Das Gefühl seines eigenen Orgasmus schoss durch seinen Körper und seine Erregung schoss pulsierend in heißen Strömen aus ihm heraus. Mit jedem Mal, bei dem sich mehr seines Samens in sie ergoss, brandete eine mächtigere Welle der Schwäche über ihn hinweg, bis er sich nur noch mühsam und glücklich auf seinen Armen halten konnte.

Fernab, weit im Norden und ein wenig im Osten saß Sheema an ihrem Lagerfeuer und lächelte. Sie hatte ihre Gabe, Anderen den Schmerz zu nehmen noch nie auf diese Weise angewandt, aber es schien zu funktionieren. Sie rieb sich abwesend die Schulter. Ihre Magie würde Kelandra begleiten, solange Sheema am Leben war.

Als Kelandra wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde ihr mehreres gleichzeitig bewusst. Sie war noch am Leben, sie fühlte sich glücklich und Raakh schmiegte sich immer noch an sie und leckte fürsorglich ihren Nacken. Er pochte mit einem leichten Schmerz, der aber durchaus erträglich war. "Was tust du da?", fragte sie ihn noch leicht benebelt.
  Raakh antwortete erst eine Weile nicht.
  "Ich... reinige deine Wunden.", sagte er schließlich und leise fügte er hinzu. "Was habe ich nur getan?"
  Nachdenklich, mehr an sich gewandt sagte sie: "Eigenartig. Es hat nur ganz kurz weh getan..."
  "Wie fühlst du dich, Kelandra?" Sie wollte ihr Gesicht zu seinem drehen, aber er hielt sie sanft fest und versorgte weiter ihre Wunden.
  "Es tut ein wenig weh, aber es geht." Sie wand sich aus seinem Griff und drehte den Kopf. Sie gab ihm ein schnelles Lecken über sein Ohr. Er sah sie überrascht an und sie küsste ihn innig. Seine Anspannung wich aus ihm.
  "Ich liebe dich, Kelandra, Tochter des Landes."
  "Und meine Liebe ist ungebrochen, Geliebter."
  "Es war ein weiter Weg.", stellte er fest, während er seinen Kopf auf ihre Schulter legte.
  Verliebt kraulte sie ihn hinter den Ohren und lächelte über sein wonniges Schnurren. "Ich freue mich auf die Schritte, die noch vor uns liegen, Sohn der Wüste."

(ein) Ende