Alte Magier
\xA9 by Felix M. Hummel ganz knapp nicht mehr 2003 sondern 2004. F\xFCr Fragen, Kritik, Beschwerden oder –das ich nicht lache- Fanpost steht ihnen BiosynthG08@gmx.net zur Verf\xFCgung oder das G\xE4stebuch auf meiner Homepage www.8ung.at/galgenstrick
M\xFCde von einem langem Tag im B\xFCro schlenderte ich auf dem Weg nach Hause durch die breiten gepflasterten Gassen der Altstadt. Da es Winter war hatte sich die Nacht schon auf die mit grauem Schneematsch verschmierten Wege gelegt, die Luft war feucht und doch noch kalt genug um meine Nase am Laufen zu halten und den Atem zum Dampfen zu bringen. Ich freute mich nur noch in meine Wohnung zu kommen, mir ein hei\xDFes Bad einlaufen zu lassen und schlie\xDFlich etwas ausspannen zu k\xF6nnen.
Als mein Blick an den kleinen, verschrobenen L\xE4den in den alten Patrizierh\xE4usern vorbeizog, bemerkte ich eines, welches ich nie zuvor gesehen hatte: Es handelte sich um eines, das von seinen Ausma\xDFen her noch viel beschr\xE4nkter zu sein schien als alle anderen. Umzugskisten, morsch vom Schnee und angefressen vom Stra\xDFensalz, lagerten unachtsam \xFCbereinandergestapelt vor dem Schaufenster, welches noch keine Auslage enthielt. Dar\xFCber prangte ein nagelneues, rotes Schild mit der Aufschrift \x84Antiquit\xE4ten, An- & Verk.“.
Es hatte allein in dieser Gasse seit ich hier wohnte schon mehr als ein Dutzend dieser Ramschl\xE4den gegeben, doch keiner hatte sich je l\xE4nger als ein oder zwei Jahre gehalten. Ich wusste nicht, ob dieses Gesch\xE4ft nun neu war, oder gerade wieder aufgel\xF6st wurde, vermutete aber ersteres. Ein wahrer Gl\xFCcksfall. Neue H\xE4ndler waren meinst, was die Preise anging, noch unerfahrener als Leute auf Flohm\xE4rkten und lie\xDFen sich somit leicht etwas fast f\xFCr lau abschwatzen. Ich wollte mein Gl\xFCck versuchen und nach Urangl\xE4sern fragen.
Frohen Mutes stie\xDF ich die Milchglast\xFCr auf, vernahm ein kurzes Schwirren \xFCber mir und wurde, bevor ich den Kopf wenden konnte hart von etwas Scheppernden hart am Nacken getroffen. Ich taumelte vor Schreck und fing mich gerade noch rechtzeitig um nicht in einen Stapel Kartonagen zu geraten.
Eine vertrocknete Frauenstimme kicherte aus einer, f\xFCr mich unsichtbaren Ecke. \x84Oh, Entschuldigen sie bitte.“, prustete sie. \x84Das Gl\xF6ckchen war wohl noch nicht fest genug befestigt. Nun, ich habe auch noch keine Kunden erwartet, es ist n\xE4mlich noch nicht ge\xF6ffnet. Doch, wenn sie schon mal da sind, warten sie einen Augenblick ich kann ihnen dann sicher helfen.“
Ich wollte schon etwas antworten, entschied mich jedoch dagegen und drehte mich um um einen Blick auf das \x84Gl\xF6ckchen“ zu werfen. Fluchend nahm ich zu Kenntnis, dass es sich um eine mittelgro\xDFe Kuhglocke aus massivem Messing handelte, die mir eine mittelgro\xDFe Beule in den Hinterkopf geschlagen hatte. Vorsichtig meinen Nacken bef\xFChlende arbeitete ich mich durch das Chaos aus altem Ger\xFCmpel und Verpakungsmaterial im Verkaufsraum zu etwas, was wohl ein Tresen gewesen sein mochte, vor. Die alte Frau war nicht zu sehen, vermutlich war sie durch die T\xFCr hinter dem Tresen verschwunden. Auf mein Rufen hin r\xFChrte sich nichts, doch ich wollte nicht unverichteter Dinge abziehen, beschloss also zu warten und mir die Auslagen ein wenig genauer anzusehen. Alles was ich um mich herum sah schien Ramsch und Unrat zu sein, was mich aber keineswegs Entt\xE4uschte, denn meistens sind es diese Orte an welchen man billig an wertvolle Ware kommt.
Um so weniger \xFCberraschte es mich, als ich in einem neongelben Plastikkorb, der mit Schl\xFCsselanh\xE4ngern, die wohl ein Kleptomane von einem Volksfest mitgehen hatte lassen, einen sonderbaren grauen Stein fand. Er war etwa so gro\xDF wie mein Handteller, zu einer perfekten, gew\xF6lbten Scheibe geschliffen und an seiner Oberseite mit einer Art Ritzzeichnung verziert. Diese stellte im keltischen Stil einen Wolfs- oder eher Fuchskopf dar, durch welchen von oben ein Speer drang. Vorsichtig hob ich das Ding auf um mir die R\xFCckseite anzusehen.
Sofort brannten meine Fingerspitzen, mit denen ich den Stein ber\xFChrt hatte, vor K\xE4lte. Ich Schrie vor Schmerz und Erstaunen, meine Finger hatten sich grau, \xE4hnlich dem des Steines, verf\xE4rbt und waren v\xF6llig taub. Nur an den R\xE4ndern der Flecken bohrte Eisesk\xE4lte, die langsam wich und Farbe in die Hand zur\xFCckkehren lie\xDF.
V\xF6llig perplex sch\xFCttelte ich meine vor Kurzem noch l\xE4dierten Finger. Ich konnte mir dies nicht erkl\xE4ren, auch nicht durch Einbildung. Als ich meinen Kopf wieder hob, bemerkte ich, dass die alte Frau aufgetaucht war. Sie war sicher an die siebzig mit einem Gesicht wie ein gebrauchtes Papiertaschentuch und gro\xDFen goldenen Ohrringen. Mit einem h\xE4mischen Grinsen auf den Lippen ruhte ihr Blick fest auf meiner Hand. Ich wollte sie schon fragen, was es mit diesem seltsamen Stein auf sich habe, doch lie\xDF sie mir dazu keine Zeit.
\x84He! He!“, kicherte sie. \x84Ich h\xE4tte nicht gedacht, dass meine Methode so schnell anschl\xE4gt. Kaum bin ich ein paar Stunden hier, habe noch nicht mal offen und schon ist einer da.“
\x84Was meinen sie?“, fragte ich verwundert.
\x84Kommen sie mit“ Sie winkte mir und verschwand wieder in ihrem Hinterzimmer.
Ich bem\xFChte mich immer noch erfolglos der Situation Herr zu werden, beschloss aber, dass es wohl das beste w\xE4re ihr zu flogen, wollte ich hier jemals wieder irgendetwas verstehen.
Das Zimmer hinter dem Verkaufstresen war klein und genauso wie der Rest des Ladens mit Kisten und Ger\xFCmpel angef\xFCllt. In der Mitte stand ein Tisch, der mit Papieren und Briefen \xFCbers\xE4ht war, daneben ein verschlissener B\xFCrostuhl, auf welchen sich die alte Dame setzte und mich anwies auf einer Kiste Platz zu nehmen. Sie st\xFCtze die Ellbogen auf den Tisch –das hei\xDFt nur einen Ellbogen, der andere ruhte auf etwas, dass ich als ein Marmeladenbrot identifizieren konnte- und blickte mich konzentriert an.
\x84Was ich ihnen jetzt erz\xE4hle, bleibt bitte in diesem Raum“, begann sie. Als ich ihre gewichtigen Worte vernahm wagte ich nicht mehr auch nur eine der auf mir lastenden Fragen zu stellen. \x84Manche k\xF6nnten sagen, es sein sehr wichtig, doch das ist Unsinn. Es ist lediglich ein Hobby von mir Sie zu finden und zu unterweisen. Wei\xDF Gott, meine Lebensaufgabe, ja, aber doch so unglaublich sinnlos und langwierig. Um ehrlich zu sein, sie sind erst der zweite, den ich je zu Gesicht bekommen habe und der erste –ha!- das war mein Vater, ja. Wobei ich mir manchmal...“
\x84\xC4h,“, unterbrach ich sie. So verwirrt ich auch sein mochte, bemerkte ich doch, dass sie von dem was sie eigentlich sagen wollte abschweifte. \x84Wen meinen sie mit ;Sie’?“
\x84Was?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. \x84Wovon red- Ach, genau. Ich glaube, Jungchen, ich schweife wieder ab. Also, ich muss ihnen nat\xFCrlich alles von Anfang an erz\xE4hlen: Vor langer Zeit -da fragen sie mich besser nicht wann, ich wei\xDF das alles nur von meinem Vater und habe es nicht studiert- gab es einen Bund von Magiern –genau, muss wohl im Mittelalter gewesen sein- die wegen ihren komischen Ritualen und allem m\xF6glichen faulen Zauber von der Inquisition verfolgt wurden. Durch diese Not entwickelten sie sehr langsam das einzige was wirklich magisch und nicht irgendein Opiumrausch war: Jeder von ihnen hatte ein, wie sie es nannten, Geistertier, das sein Alter Ego, sein anderes Ich w\xF6rtlich war. Sie glaubten ihren Geist auf eben dieses Tier \xFCbertragen zu k\xF6nnen und somit wenigstens geistig ihren H\xE4schern zu entkommen. Indem sie sich wie die Wahnsinnigen in diese Idee hineinsteigerten schufen sie mit der Zeit das, was eben nur durch an Demenz grenzende Glauben m\xF6glich ist, n\xE4mlich echte Magie. Sie erreichten nicht das worauf sie es eigentlich angelegt hatten, sondern sie \xFCbersprangen ihr Ziel um l\xE4ngen. Sie banden ihren Wunsch Tiere in Besitz zu nehmen auf Gegenst\xE4nde. G\xFCrtel, Ringe, Ketten, Armreife alles was mit wenig Material und viel Kontakt zu Tr\xE4ger benutzt werden kann. Sie stellten fest, dass sie sich mit Hilfe dieser Kleinode in ihr Tier verwandeln konnten. Durch dieses Wunder wurde ihr glaube so gest\xE4rkt, dass diese F\xE4higkeit in ihr Blut, in ihr Erbe \xFCberging.“
Von da an war f\xFCr mich der Fall klar: Die Dame war vollkommen verr\xFCckt oder esoterisch. Vielleicht beides. Als n\xE4chstes w\xFCrde sie sicher versuchen mit den Wachturm, St\xE4rkekugeln, hom\xF6opathische Globoli oder alles zusammen anzudrehen. Auf jeden Fall sah es so aus als h\xE4tte ich noch einen langen Abend vor mir. Obwohl ich wusste worauf sie hinaus wollte fragte ich also um die Handlung voran zu treiben: \x84Sch\xF6n und gut, aber was hat das mit mir zu tun?“
\x84Ah“, grinste sie und streckte sich. \x84Ich habe schon darauf gewartet, dass sie das sagen. Sie,“ Sie deutete auf mich. \x84Sie, sind ein Nachkomme eines dieser Magier.“
\x84Ach?“, brummte ich, dabei versuchend meinen Sarkasmus in Grenzen und meine Verwunderung hoch zu halten.
\x84Ja, ja! Ich habe diesen Stein extra daf\xFCr ausgelegt. Urspr\xFCnglich stellte er die h\xF6chste Strafe bei den Magi dar, mein Urahn war sein H\xFCter. Ich wei\xDF nicht mehr f\xFCr welches Verbrechen man dies tat, aber jedenfalls wurde der Verbrecher festgebunden und der Stein auf seine F\xFC\xDFe gelegt. Er musste dann erleben, wie sein ganzer K\xF6rper langsam zu Stein wurde. Als man den Stein wieder wegnahm wurde er freilich wieder normal, aber kein Mensch kann eine derartige Verwandlung \xFCberleben. Ich habe einen anst\xE4ndigeren Zweck daf\xFCr gefunden und kann mich nur immer selbst loben. Ich habe den Stein so ausgelegt, dass ihn jeder fr\xFCher oder sp\xE4ter in die Hand nimmt. Seinen Schrei kann ich hier \xFCberall im Haus h\xF6ren. Ja, ja, ja. Aber...“, sie sah mich kritisch an. \x84Sie werden mir ja sowieso nicht glauben, oder?“
\x84Nein.“
\x84Gut, gut, gut.“, brabbelte die Alte. \x84W\xFCrde ich ja auch nicht. Taten \xFCber Worte!“
Vorsichtig zog sie einen Geldbeutel aus schwarzem Leder aus ihrer Tasche und \xF6ffnete das Scheinfach. Sie zog etwas daraus da raus hervor und reichte es mir. Es handelte sich um einen in grauen Filz eingeschlagenen sehr kleinen Gegenstand. Als ich ihn auswickeln wollte hielt sie mich sachte mit ihrer Hand zur\xFCck.
\x84Benutzen sie das daheim. Am besten in der Badewanne, das ist angenehmer. Und jetzt raus hier, ich will abschlie\xDFen.“
Ich verabschiedete mich von ihr und eilte schnellen Schrittes nach Hause, wo ich mir sofort ein Bad einlaufen lies und das Ding in dem Stoff auswickelte. Ich wagte jedoch nicht es anzufassen bevor ich nicht in der Wanne lag. Es handelte sich dabei um einen d\xFCnnen Lederriemen mit einem kleinen Messingknopf, vermutlich war dies als Armband gedacht.
Schlie\xDFlich sa\xDF ich dann im warmen Wasser und riskierte es das Armband anzulegen. An das linke Handgelenk, versteht sich, denn ich glaubte zwar nicht an diesen Zauber aber ich hatte nur all zu gut in Erinnerung was der Stein im Laden mit meinen Fingern angestellt hatte und wollte ergo meine Rechte nicht unbedingt verlieren.
Zun\xE4chst passierte gar nichts. Ich wollte, da die Wirkung bei dem Strafstein augenblicklich eingesetzt hatte, das alberne Ding schon wieder abnehmen, doch dann begann es:
Eine schier unertr\xE4gliche Hitze breitete sich in meinem gesamten linken Arm aus und von dort aus im Rest des K\xF6rpers. Die Finger meiner Linken waren mit einen mal Starr, die Haut der Handfl\xE4che schob sich mit einem juckenden Gef\xFChl nach vorne und verband sie wie mit einer ledrigen Schwimmhaut. Unf\xE4hig einen Schrei aus meiner Kehle zu bringen starrte ich auf die sich entwickelnde Pranke. Schon nahmen meine N\xE4gel an L\xE4nge und sch\xE4rfe zu , bildeten Klauen, w\xE4hrend meine rechte hand allm\xE4hlich begann ihrem Beispiel zu folgen. Inzwischen spreizten sich meine Zehen mit einem schmerzhaften Knirschen auseinander und die Haut verschob sich, nachdem die Zehen l\xE4nger geworden waren, \xE4hnlich der an den H\xE4nden. Ein kribbeln brachte meine Aufmerksamkeit nun auf meinen Kopf. Mit den noch ungewohnten Klauen konnte ich ertasten, wie meine Ohren schrumpften und am Sch\xE4del hinaufwanderten. Auch meine Z\xE4hne ver\xE4nderten sich, mit ihnen der Kiefer. W\xE4hrend er sich mit einem berstenden Gef\xFChl nach vorne schob, schmolzen sie zusammen und wurden Spitzer, meine Nase zog sich nach oben und verschmolz teilweise mit der sich nach au\xDFen w\xF6lbenden Haut.
Noch hatte ich keine Ahnung, um welches Tier es sich bei dieser Verwandlung halten sollte, doch hatte ich auch kaum zeit w\xE4hrend dem Schrecken dieser Verwandlung auch nur einen klaren Gedanke zu fassen.
Pl\xF6tzlich empfand ich ein dr\xFCcken und zerren am unteren Ende meines R\xFCckrades, welches es mir unm\xF6glich machte weiterhin aufrecht in der Badewanne zu sitzen, ich musste mich umdrehen. Mit einer meiner H\xE4nde hielt ich mich so am Rande des Beckens fest und mit der anderen versuchte ich festzustellen, was sich dort mit meinem R\xFCcken geschah. Schlie\xDFlich blieb mir doch nicht lange genug Zeit um dar\xFCber nachzusinnen, warum da ein Schwanz wuchs, denn ein \xFCberraschender Anfall von starkem Jucken an meinem ganzen K\xF6rper lie\xDF mich erschrocken zusammenfahren und den Halt am Wannenrand verlieren. Mit dem Gesicht –oder dem was es jetzt war- voraus tauchte ich in die schaumige Flut ab. Einen kurzen Moment war ich wie paralysiert, denn meine Knochen schienen Feuer gefangen zu haben.
Schnell wendete ich mich unter Wasser um am anderen Ende der Wanne wieder aufzutauchen. Nun konnte ich endlich erkennen in welche Art von Tier mich dieses Armband verwandelt hatte: Einen Otter. Zwar irritierte mich die Gr\xF6\xDFe ein wenig, zumal ich nicht ein bisschen geschrumpft war, und immer noch gute einsneunzig ma\xDF, doch allein die Tatsache, dass es funktioniert hatte war erstaunlich.
Trotz der Enge, die auch nach dieser Prozedur in der Badewanne herrschte, versuchte ich meine neugewonnenen F\xE4higkeiten so gut wie m\xF6glich auszuprobieren. Zuerst wollte ich sehen wie lange ich unter Wasser bleiben konnte. Nach f\xFCnf Minuten dann, versp\xFCrte ich immer noch nicht das Bed\xFCrfnis aufzutauchen, doch \xFCberkam mich pl\xF6tzlich eine bleierne M\xFCdigkeit. Diese Verwandlung hatte meinen K\xF6rper wohl sehr viel Energie gekostet, doch ich wollte nicht in dieser Form schlafen, dabei f\xFChlte ich mich unwohl. Also wollte ich sehen, wie ich meinen richtigen K\xF6rper wieder zur\xFCck bekommen konnte.
Zuerst verfiel ich in Panik, denn es war fast unm\xF6glich, das Armband ohne Finger \xFCber meine flossenartigen Pfoten zu ziehen. Nach zehn bangen Minuten jedoch, hatte ich es mit einigen blauen Flecken und durch meine eigenen Klauen verursachten Schnitten geschafft den Lederriemen abzunehmen.
Ein starkes Kribbeln floss augenblicklich durch meinen gesamten K\xF6rper, so dass ich meine Augen nicht mehr offen halten konnte und in einen tiefen Schlaf fiel.
Als ich am n\xE4chsten Morgen erwachte, war das Badewasser bereits eiskalt und auch ich kam mir sehr unterk\xFChlt vor. Nachdem ich aus der Wanne gesprungen war, wickelte ich mich mit laufender Nase in so viele Decken und Kleidungsst\xFCcke wie ich nur finden konnte. Nachdem ich das Armband wieder in seine H\xFClle gepackt hatte und eine Kanne hei\xDFen Tee geleert hatte machte ich mich auf den Weg zu dem Ramschladen der alten Frau.
Ich fand sie erneut im Hinterzimmer ihres Ladens, wo sie schon auf mich gewartet zu haben schien. Sie erhob sich sofort von ihrem abgewetzten Stuhl und ging auf mich zu.
\x84Und?“, fragte sie gespannt die H\xE4nde wringend.
\x84Das war einzigartig“, rief ich.
\x84Nat\xFCrlich.“, meinte sie. \x84Aber Angenehm war es sicher nicht, oder?“
\x84Nein.“
\x84Hm, dachte ich mir schon. Ziemlich nat\xFCrlich. Der Otter ist also nicht ihr Tier.“ Sie streckte ihre Hand aus und ich begriff, dass sie das Armband zur\xFCckhaben wollte. \x84Ich will einmal sehen, was –hmhm- besser zu ihnen passt. Warten sie hier.“
Die Alte verschwand in den Verkaufsraum und schien dort in einer einzigartigen Ger\xE4uschkulisse aus Scheppern und Fluchen etwas zu suchen.
Inzwischen nahm ich erneut auf einem der Umzugskartons platz und versuchte mir vorzustellen, was diese Irre als n\xE4chstes vorh\xE4tte. Doch konnte ich diesen Gedanken kaum zuende denken, denn schon nach ein paar Minuten erschien sie mit einer schmuddeligen Plastikflasche, die ein giftgr\xFCne, \xF6lige Fl\xFCssigkeit enthielt, in der T\xFCr.
\x84So.“, sagte sie und warf mir die Flasche zu. \x84Trinken sie das.“
Misstrauisch und mit verzogenem Gesicht lie\xDF ich den Inhalt in seinem Beh\xE4ltnis hin und her schwappen. \x84Was ist das?“
\x84Ein Trank“, antwortete sie. \x84Mein Vater hat mit beigebracht wie man ihn macht. Mit ihm kann man sein Tier finden. Ist immer noch die Flasche von mir damals. Trinken sie jetzt, ein Schluck reicht.“
Ich erkannte die Zwecklosigkeit weiterer Einw\xE4nde und schraubte verdrossen den Verschluss ab. Als ich die Flasche langsam an den Mund setzte schlug mir ein ekelhaft fauliger Gestank, dem eines Komposthaufens nicht un\xE4hnlich, doch ich beschloss mein Schicksal einfach hinzunehmen und trank einen kr\xE4ftigen Schluck der brennenden Fl\xFCssigkeit.
Augenblicklich wurde es schwarz um mich herum, dann verwandelte sich das schwarz allm\xE4hlich in ein dunkles Blau, welches an seiner d\xFCstersten Stelle mit wei\xDFen Flecken gesprenkelt und vor mir langsam in ein grelles Orange \xFCberging. Dieses Orange gib von einem Halbrund aus, welches sich langsam \xFCber mich erhob. Kein Zweifel dies musste ein Sonnenaufgang sein, doch wo war ich und wie konnte ich ihn aus dieser Perspektive sehen?
Zaghaft lies ich meinen Blick nach unten schweifen und erkannte, dass ich einige hundert Meter \xFCber der Erde schwebte. Nein, ich schwebte nicht, denn ich konnte meinen K\xF6rper weder sehen noch f\xFChlen, auch konnte ich meine Blickrichtung nicht selbst bestimmen, sie schien vielmehr wie eine Kamera in die Richtung, die ihr von einer anderen Macht angegeben wurde zu schwenken um meine Aufmerksam auf dies zu richten.
Das Land unter mir erinnerte mich entfernt an einen gigantischen Park: Kleine Gruppen von B\xE4umen mit flacher Krone standen vereinzelt im gr\xFCnen, wohl sehr hohen Gras. Ein kleiner Fluss mit glitzerndem Wasser wand sich in heute so selten gewordenen Kurven durch die Landschaft und verschwand vor der aufgehenden Sonne im grellen Licht. Es war erdr\xFCckend still.
Ohne etwas zu sp\xFCren n\xE4herte ich mich langsam dem Erdboden und konnte mehr Einzelheiten erkennen. Es schien sich wohl um eine Steppe oder Savanne zu handeln. Da und dort konnte ich Bewegung erkennen, verschiedene Tiere. Hier schlich eine einzelne L\xF6win durch das messerscharfe Gras, einige Antilopen sprangen in der ferne vorbei, auf einem der B\xE4ume sa\xDF ein Gepard. Direkt unter mir war noch ein Rudel anderer Tiere zu erkennen. Ich versuchte die Augen zusammenzukneifen, doch meine Sicht ver\xE4nderte sich nicht, als w\xE4re sie ein Fernsehbild. Dann auf einmal und ohne Vorwarnung fiel ich mir schrecklicher Geschwindigkeit nach unten, direkt auf den R\xFCcken eines der Wesen zu. Schreien konnte ich nicht, der Schrecken bleib jedoch als ich st\xFCrzte. K\xFCrz bevor ich den Boden erreichte konnte ich eines dieser Tiere sehen. Wie ein Fuchs schien es mir, nur von grauer Farbe und vielleicht etwas gr\xF6\xDFer.
\x84Schakal!“ Ich schrie dieses Wort laut hinaus, als ich mich im Hinterzimmer des Antiquit\xE4tenladens wieder fand, immer noch die widerw\xE4rtige Flasche in der einen und deren Deckel in der anderen Hand haltend.
\x84Na also. War doch gar nicht so schwer, oder?“, h\xF6rte ich die alte Frau neben mir, als ich mir verwirrt die Augen rieb und die Flasche wieder verschloss. \x84Leider,“, fuhr sie fort. \x84Habe ich den Gegenstand f\xFCr den Schakal nicht, vielleicht sp\xFCren sie ihn eines Tages selbst auf.“
\x84Ich h\xE4tte da noch eine Frage.“
\x84Ja, was ist“
\x84Nun,“, murmelte ich. \x84Als ich mich in diesen Otter verwandelt habe, da bin ich \xFCberhaupt nicht geschrumpft, ich behielt meine normale Gr\xF6\xDFe. Ist das normal?“
F\xFCr einen Augenblick zog die Alte die Brauen hoch, fasste sich aber gleich wieder. \x84Ja... Manchmal kann das passieren. Das ist... das ist wie die Schmerzen, wenn es nicht das richtige Tier ist. Aber warten sie mal, ich denke ich habe da etwas, was dem Schakal sehr \xE4hnlich ist, probieren sie das mal aus.“
Wieder griff sie in eine der zahlreichen Taschen ihres gebl\xFCmten Kleides und reichte mir eine Art Halsband. Es war nicht in irgendetwas eigne wickelt und ich merkte auch nichts, als ich es ergriff, nahm also an, dass es eine andere Sorte als das Otterarmband und der Strafstein sei.
Auf ihr Nicken hin legte ich das schwarze Band um meinen Hals und h\xF6rte dabei nicht ohne Unwohlsein, wie der daran befestigte Hacken in das Schloss einschnappte. Noch geschah nichts, doch da ich noch von der letzten Aktion traumatisiert war, beschloss ich besser mir einen bequemeren Platz auf den Kisten zu suchen um es wenigstens in dieser Hinsicht angenehm zu haben.
Dann, pl\xF6tzlich spannte sich jeder Muskel in meinem K\xF6rper zu einem Krampf an, lie\xDF mich die Z\xE4hne schmerzhaft zusammenbei\xDFen und meine N\xE4gel in die Handfl\xE4chen graben.
\x84Es tut mir wirklich leid ihnen das antun zu m\xFCssen, Junge“, murmelte die Alte traurig. \x84Ich war so froh, als ich sie gefunden hatte, dass ich die Zeichen beinahe nicht zu deuten gewusst h\xE4tte. H\xE4tten sie mir das mit der Gr\xF6\xDFe nicht gesagt, w\xE4re ich nie darauf gekommen. Das was sie w\xE4hrend ihrer Reise zu dem Tier gesagt haben... Und dann der Schakal. Die Gr\xF6\xDFe. Nein, es ist besser, wenn ich es so enden lasse. Sie m\xFCssen das verstehen, alles steht auf dem Spiel.“
Damit nahm sie wieder auf ihrem Stuhl platz, mich mit tr\xE4nenden Augen betrachtend.
M\xF6glich, dass sie noch mehr sagte, doch ich wand mich wie in Agonie und war kaum bef\xE4higt ihr viel Aufmerksamkeit zu schenken. Mein Sch\xE4del knackte, meine Schneidez\xE4hne nahmen eine schier absurde L\xE4nge an, w\xE4hrend sich meine Ohren abermals den Kopf hinauf schoben, dabei aber gr\xF6\xDFer zu werden schienen. Ich schaffte es kaum meine dr\xFCckenden Schuhe abzustreifen und sah, wie meine Zehen, knochig verl\xE4ngert aus den Socken ragten und klauenhafte N\xE4gel ausbildeten. Meine H\xE4nde nahmen indessen eine \xE4hnliche Form an, indem der Daume sich Fest mit der Seite der Hand verband und mit den anderen Fingern l\xE4nger wurde. Ein rasselndes rei\xDFendes Gef\xFChl in meiner Wirbels\xE4ule suggerierte mir, dass mir erneut ein Schwanz wuchs. Mein Gesicht presste sich nach vorne, meine F\xFC\xDFe wurden l\xE4nger, die Knochen meiner Beine und des Beckens verschoben sich, so dass ich mich, da aufrechtes Sitzen unm\xF6glich wurde, auf alle Viere Setzen musste. Dabei ersp\xE4hte ich in eine aufgerissenen Kiste etwas glitzerndes. Mit zittrigen Klauenfingern barg ich den Spiegel und lie\xDF ihn vor mir fallen. Ein schriller, Schrei, der nicht enden wollte entkam meiner Kehle, als ich in das Gesicht einer Ratte blickte. Der Schrei wurde immer leiser, und wurde mehr zu einem quietschen, als mein K\xF6rper schrak, sich das schmutzig graue Fell \xFCber meine Haut zog und meine Stimme verloren ging.
Panisch kroch ich aus dem Haufen meiner zerfetzten Kleidung hervor und blickte die Alte an, die langsam auf mich zu trat. Ich wusste was jetzt kommen sollte. Mit einem blitzschnellen Satz verschwand ich in einem Spalt zwischen den Kiste, wo ich mich bebend in eine Ecke presste.
\x84Ich werde wohl eine Katze brauchen.“, h\xF6rte ich die Frau murmeln.
Nun, das konnte dauern. Ich zerrte an dem Halsband, welches seltsamerweise mitgeschrumpft war. Irgendwann w\xFCrde ich dieses verdammte Ding schon abbekommen bis da hin musste ich mich eben versteckt halten, wie ein Ratte eben. Ich seufzte, auch wenn mir dies nur wenig gelang.