"Wie der Wind in den Gräsern" von Jaquimo Talaan
© 2005 by Christoph Günther
letzte Änderung: 21.10.2007
Rakesh und Farráh sind meine Charaktere und unterliegen dem selben Copyright
wie die Geschichte. Bitte nicht ohne mein Einverständnis verwenden.
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Auszeichnung von "Verlorene Werke" für
"Wie der Wind in den Gräsern" als Beitrag im Wettbewerb 01/2005.
Wie der Wind in den Gräsern
Einem endlosen Meer gleich erstreckte
sich die Savanne bis hin zum Horizont. Und wie dessen Wellen wogte das satte, grüne
Gras im stetigen Wind, der den Geruch der fernen Wüste mit sich trug. Farráhs
Augen, obsidianschwarz und voller Sehnsucht, ruhten auf diesem wundervollen
Anblick, der von einer Freiheit kündete, die niemals die ihre sein würde. Der
Fluch einer Sultanstochter lag auf ihr: gefangen in einem Netz aus väterlicher
Liebe, höfischen Pflichten und der Last der Erbfolge würde sie niemals
wirklich dem Palast entfliehen können, der sich über die Stadt und das
umliegende Land erhob.
Die einzige Seele an diesem Ort, die Farráhs Sorgen verstehen konnte, war
Rakesh, der in diesem Augenblick lautlos den Balkon betrat. Nur das Rascheln
seines Gewandes verriet ihn. Lächelnd drehte sie sich zu ihm um, doch sein
Anblick zerschlug dieses Lächeln gnadenlos: Das sandfarbene Fell des Sha’Kirs
war an mehreren Stellen blutverkrustet, ein langer Schnitt lief über die
Schnauze des pumagleichen Gesichts und Rakesh hinkte auf dem rechten Bein.
Einzig seine smaragdgrünen Augen blickten ruhig und ungebrochen.
Mitfühlend sah Farráh ihn an. „Oh Rakesh, was haben sie Dir nur angetan?“
Der Sha’Kir lächelte grimmig, als er antwortete: „Das wöchentliche
Bestrafungsritual für einen vorlauten Sklaven, Herrin. Mehr nicht.“
„Du hättest damals schweigen sollen.“, flüsterte sie traurig.
„Schweigen, wenn der Sultan und seine Gelehrten mir befehlen, meine Meinung zu
äußern?“ Rakesh schüttelte bedächtig den Kopf. Er wusste, dass sie es nur
gut mit ihm meinte. „Ich wusste, dass es falsch war, zu sprechen. Doch es nicht
zu tun, wäre Verrat an mir selbst gewesen. Sie befahlen mir, frei zu sprechen,
Herrin.“ Er sah ihr wehmütig in die Augen und raunte kaum hörbar: „Frei,
versteht Ihr?“ Sein Blick glitt an ihr vorbei hinaus in die Ferne, die einst
seine Heimat gewesen war. Der Schmerz, die Sehnsucht und der Hunger nach
Freiheit, die dabei auf seinem noblen Antlitz lagen, schnitten tief in ihr Herz.
Farráh folgte seinem Blick und all ihre Träume von Freiheit und Ängste vor
einem Leben in höfischer Gefangenschaft kamen in ihr hoch. „Oh ja, ich
verstehe Dich nur zu gut.“, sagte sie und seufzte tief. „Mein Herz sehnt
sich nicht weniger danach, von hier fortlaufen zu können.“
„Ihr glaubt, dass es Gefangenschaft ist, die Euch hält?“, erwiderte der
Sha’Kir und sein abweisender Tonfall machte mehr als deutlich, dass er ihre
Bemerkung für unpassend hielt. „Ich kann keine Fußfesseln sehen, die Euch
binden, noch Schwerter, die Euch töten würden, wenn Ihr geht!“
Verletzt durch diesen unerwarteten Angriff, drehte sie sich zu ihm um. „Ich
bin Dein Freund, Rakesh!“
„Und ich bin Euer Sklave, Herrin.“, entgegnete er nüchtern.
Alle Freundlichkeit wich von ihrem Gesicht. Zurück blieb eine Maske, welche sie
schützte. „Dann geh und lass mir ein Bad ein!“, befahl sie kühl.
Rakesh verneigte sich stumm und hinkte in den Palast. Farráh sah ihm traurig
nach. Mit jeder neuen Bestrafung wurde er härter und abweisender. Letzten Endes
würde sie den einzigen Freund verlieren, den sie hatte.
Das Bad – so kunstvoll es auch mit Gewürzen und Ölen bereitet war –
vermochte es nicht, ihr die gewohnte Entspannung zu bringen. Auch Stunden später
im Bett fand sie nicht die Ruhe um einzuschlafen. Viele Gedanken wühlten ihren
Geist auf, aufgescheucht durch Rakeshs Wunden und Worte. Immer wieder musste sie
an jenen Abend denken, an dem er diesen folgeschweren Fehler begangen hatte.
Ihr Vater hatte einflussreiche Freunde und seine Gelehrten um sich versammelt,
weil er mit ihnen Gespräche führen wollte, die den Geist belebten. Auch Farráh
war zugegen, begleitet von ihrem treuen Sklaven Rakesh. Dieses Mal kam die Runde
auf die Bedeutung der Freiheit zu sprechen und schon bald war eine angeregte
Diskussion entstanden. Die Männer sprachen viel von Stärke und Weisheit,
welche die Freiheit eines Mannes ermöglichten. Sie rühmten die unangefochtene
Freiheit des Sultanats, welche auf einer hervorragend ausgerüsteten Armee fußte
und auf dem Reichtum aufbaute, den der Handel mit sich brachte. Farráh hingegen...
kam nicht zu Wort.
Als der Abend fortgeschritten und die Stimmung zunehmend gelassener und fröhlicher
geworden war, äußerte einer der Männer im Scherz, dass doch der Sklave
sprechen solle, was Freiheit für ihn bedeutete. Die Männer lachten laut über
diesen hervorragenden Spaß und drängten den armen Rakesh, vorzutreten. „Nun,
Sklave, was vermagst Du uns über die Freiheit zu sagen? Sprich frei, das ist
ein Befehl!“
In Farráh brodelte die Wut über dieses erniedrigende Verhalten. Rakesh jedoch
verneigte sich ergeben, blickte gleichmütig in die Runde und begann mit rauer,
ruhiger Stimme zu sprechen: „Ihr weisen Herren sprecht von Eurer Freiheit, als
wäre sie die Frucht Eurer Weisheit und der Stärke Eures Schwertarms. Ihr rühmt
Euch der Macht des Sultanats, als wäre es nur eine Frage geschickter
Regierungsgewalt. Die Freiheit aber ist ein Geschenk, ihr weisen Männer - vom
Schöpfer einem jeden fühlenden Wesen gegeben. Männer wie ihr seid es, die
anderen die Freiheit nehmen. Männer wie ihr seid es, die Familien zerreißen,
um ein starkes Heer aufzubauen. Männer wie ihr leben von den Steuergeldern, die
fleißige Händler, Bauern und Handwerker für euch mit ihrem Schweiß bezahlen.“
Die Gesichter der Männer waren ernst geworden. Auf einigen zeichnete sich
deutlich Unmut ab, doch Rakesh fuhr unbeirrt fort: „Ihr glaubt, ihr seid frei.
Bücher – von anderen geschrieben – geben Euch Wissen und Weisheit. Ihr seid
befreit von Alltagslasten, die Sklaven für Euch verrichten. Von der Angst vor
dem Tod im Krieg befreien Euch Tausende Soldaten, die im Dienste der Armee
geknechtet sind. Eure Schwerter schmieden andere, Eure Gewänder weben Diener,
Euer Essen gedeiht auf fremden Äckern und Weiden.
Eure sogenannte Freiheit verdankt Ihr so vielen anderen, ohne die Eure Macht
zusammenbrechen würde. Und ihr wisst das. Darum verhängt Ihr drakonische
Strafen gegen Ungehorsam, darum seid Ihr jeden Tag damit beschäftigt, Eure
Freiheit dem Machterhalt zu opfern. Wann wart Ihr das letzte Mal frei von diesen
Sorgen? Wann habt ihr zuletzt unter den Augen Anderer keine Masken getragen, um
jene bei Laune zu halten, die wichtig sind für Eure... Freiheit?“
Farráhs Vater hatte eher nachdenklich als zornig gelauscht, die meisten seiner
einflussreichen, falschen Freunde hingegen waren aufgebracht. Sie verlangten
lauthals nach einer Bestrafung solchen Übermuts. „Du bezweifelst, dass wir
frei sind?“, fragte der Emir Radin, wohl der gefährlichste unter den Freunden
ihres Vaters.
„Seid ihr es denn?“, erwiderte Rakesh ohne Zögern. „Wenn Euer Haus
niederbrennt und jene sterben, die Euch dienen, was tut Ihr dann? Ihr werdet
verhungern oder verdursten oder gefressen. Doch wenn Euer Haus niederbrennt und
ich überlebe, dann werde ich frei sein wie der Wind, der über die Savanne
streicht.“
Betretenes Schweigen machte sich breit, in dem auch Wut kochte. Radin brach es
schließlich mit einem gefährlichen Lächeln auf den Lippen: „Nun denn, Kind
des Landes... Ich denke, ich spreche für alle hier, wenn ich dir für deine
erleuchtenden Worte einen Lohn gebe: Einmal in der Woche sollst du den Versuch
unternehmen können, dem Palast zu entfliehen, ohne als Strafe den Tod fürchten
zu müssen.“ Die zornigen Männer erkannten sofort, welch perfider Gedanke
dahinter steckte, und stimmten laut auf die flachen Tische klopfend zu.
Der Sultan sah die flehenden Augen seiner Tochter und den ungebrochenen Stolz
des Sha’Kir-Sklavens, aber er sah auch die wütenden Gesichter jener Männer,
die wichtig für ihn waren. „So sollen sich Deine Worte bewahrheiten, Sklave.“,
sagte er bedächtig. „Masken und Bündnisse, im Kleinen wie im Großen,
besiegeln nun Dein Schicksal. Du wirst das Geschenk Radins annehmen müssen.“
Wie um einen Geist abzustreifen, richtete sich Farráh in ihrem Bett auf und
schob diese Erinnerung beiseite. Im Dunkeln konnte sie nur die Umrisse Rakeshs
erkennen, der am Fußende des Bettes auf dem nackten Fußboden zusammengerollt
schlief. Es waren viele Wochen vergangen seitdem und viele Male hatte der
Sha’Kir seine Fluchtversuche mit schweren Wunden und dem Spott durch die
falschen Freunde des Sultans bezahlt.
„Warum tust Du das nur, Rakesh?“, flüsterte sie. „Sie vernichten Dich mit
der Hoffnung in Deinem Herzen, irgendwann wieder frei zu sein. Mit jedem Mal ein
wenig mehr.“
Ihr Sklave richtete sich auf und sah sie durch die Dunkelheit hindurch an. „Es
ist schlimmer als dies, Herrin. Habt ihr die Worte nicht beachtet, die Radin
sprach? Dem Palast zu entfliehen wird mir vielleicht gelingen, aber mein Äußeres
verdammt mich auf alle Zeit dazu, ein Sklave zu sein. Es gibt keine Freiheit für
die Sha’Kir nördlich der Wüste. Er weiß das.“
„Warum...“ schläfst Du nicht?, wollte
sie ihn fragen, doch diese Frage war dumm und sinnlos. „Warum versuchst Du es
dennoch?“
Der dunkle Schatten, der Rakesh war, senkte schweigend den Kopf. Erst nach einer
geraumen Weile sagte er leise: „Es ist der Traum irgendwann einmal wieder frei
zu sein, der mich am Leben hält. Nicht zu kämpfen würde heißen, aufzugeben.“
Dann hob er seinen Kopf. „Und ich glaube das ist es, was Radin will... Dass
ich lerne aufzugeben.“
Farráh schwieg betroffen. Wie mochte es sein, ohne Hoffnung zu leben? Würde
sie eines Tages aufgeben? Sich dem Druck der Erwartung beugen und sich von
Gewohnheit einlullen lassen? Und dennoch... es standen Welten zwischen dem, was
Rakesh durchmachte und dem, was sie als Leiden empfand. „Es tut mir Leid,
Rakesh.“, raunte sie schließlich.
Sie konnte sein Lächeln nicht sehen, hörte es aber in seiner Stimme, die ihr
nur zu vertraut war: „Das muss es nicht. Ihr seid die einzige Seele in diesem
Palast, die gut zu mir ist.“
Sacht schüttelte sie den Kopf. „Das meinte ich nicht. Ich will mich für mein
närrisches Verhalten auf dem Balkon entschuldigen. Es war dumm von mir, mein
Schicksal mit dem Deinen zu vergleichen.“
Rakesh legte sich wieder hin und rollte sich zusammen. Schon glaubte sie, er würde
nicht antworten, als seine Stimme zu ihr drang: „Euer Wunsch nach Freiheit ist
nicht weniger wert als der meine, Herrin. Nur unternehmt Ihr nichts, um der Abhängigkeit
zu entfliehen, die Eure Fesseln sind.“ Danach sagte er nichts mehr und überließ
die Sultanstochter ihren Gedanken und der Dunkelheit.
In den folgenden Tagen wurden Farráh die Mauern des Palastes zunehmend unerträglicher.
Jede Verbeugung, jeder Dienst und jeder traurige Blick Rakeshs erinnerte sie an
ihre eigene Gefangenschaft. Und auch daran, dass Farráh selbst es war, welche
die Verantwortung dafür trug. Je länger sie darüber nachdachte, umso mehr
kamen ihr die Gründe, die sie hielten, eher wie Ausreden denn wie Fesseln vor.
Als Rakesh das nächste Mal von seiner Bestrafung zurückkehrte, war er
zerschundener als je zuvor. Seine Sklavenrobe wies Blutflecken auf und ein
rotgetränkter Verband war nachlässig um seinen linken Unterarm gewickelt. Doch
das Schlimmste war sein unverletzt gebliebenes Gesicht, das keinerlei Gefühlsregung
aufwies. Und seine smaragdenen Augen blickten kraftlos und schwach.
Farráh zögerte nicht lange, legte den Sha’Kir auf einen Teppich und schickte
nach Verbänden, Heilkräutern und Salben. Rakesh jedoch schüttelte den Kopf
und wandte ein: „Es ist Euch untersagt worden, mir zu helfen.“ Farráh überhörte
seine Worte einfach und scheuchte die zögernde Sklavin fort. „Ich habe nicht
die Heilkünste gelernt, um jetzt tatenlos zuzusehen, wie Du leidest, Rakesh!“
Ihr Freund lächelte daraufhin schwach und das Leuchten kehrte in seine Augen
zurück. „Höre ich da Zeichen des Ungehorsams?“ Aber Farráh antwortete
nicht und senkte ihr Haupt, um seinen Blicken auszuweichen. Sie wollte nicht über
die Antwort nachdenken, auch wenn diese bereits in ihr reifte. Und als sie
endlich die Wunden ihres treuen Dieners reinigte, mit heilenden Kräutern
bedeckte und verband, fühlte sie sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder
lebendig.
Der Tag der nächsten Bestrafung kam und der Sultan befahl Farráh zu sich,
damit sie dem Fluchtversuch des Sklaven von einem Fenster aus beiwohnte. Rakesh
trat aus dem Palast heraus auf den weitläufigen Platz, an dessen anderem Ende
die geschlossenen Tore der Schutzmauern auf den Sklaven warteten. Das friedliche
Bild von kunstvoll gepflanzten Büschen und plätschernden Springbrunnen wurde
von bewaffneten Soldaten und Emiren gestört, welche heute die Bestrafung durchführen
würden.
Rakesh, nur mit seinen blanken Händen bewaffnet, stand stolz und ungebrochen da
und erhob seine kraftvolle Stimme, die über den ganzen Platz hallte: „Ich bin
Rakesh, Sohn des Rashek! Noch bevor die Sonne untergeht, werde ich so frei wie
der Wind sein!“ Seinen Worten haftete etwas so Endgültiges an, dass sich Farráhs
Herz verkrampfte. Sie würde Rakesh nicht wiedersehen.
Mit einem Gebrüll, das eines Löwen würdig war, stürmte Rakesh auf eine der
Wachen los. Noch bevor diese so recht wusste, wie ihr geschah, war ihr Arm
gebrochen und ihr Schwert hatte einen neuen Herrn. „Ich bin der Sohn eines
Kriegers!“, rief er erschreckend hart. „Kreuzt meinen Weg und sterbt!“
Farráhs Vater wurde unruhig, ebenso wie seine falschen Freunde unten auf dem
Platz. „Das hat er noch nie getan.“, raunte der Sultan und musste mit
ansehen, wie ein Sha’Kir-Krieger mit tödlicher Eleganz durch die Reihen
seiner Soldaten und Emire ging und nahezu unverletzt das Torhaus erreichte.
Wenig später schwangen die schweren Tore auf, Rakesh huschte aus dem Torhaus
ins Freie und rannte durch das Tor, ohne sich umzublicken. Dann... war er fort.
Farráh erhob sich ruckartig. „Ich werde auch gehen, Vater. Noch heute.“
Der Sultan sah sie herablassend lächelnd an. „Du kannst nicht gehen, Farráh.
Der Thron braucht eine Erbin! Du hast bereits jetzt die Pflicht, das Sultanat
mit Erhabenheit zu vertreten.“ Als er ihren harten Blick bemerkte, fügte er
traurig hinzu: „Und bedeutet Dir meine Liebe gar nichts, dass Du einfach so
gehen willst?“
Behutsam ergriff sie seine Hand. „Du bist ein weiser Mann, Vater, und ahnst
die Antworten bereits. Der Thron wird mich als Erbin nicht verlieren, nur weil
ich fort bin. Und bis ich den Thron besteigen muss, will ich hinausgehen und als
Heilerin etwas bewirken, das Bedeutung hat. Diene ich dem Sultanat dort draußen
nicht besser, als hinter Palastmauern vor Deinen falschen Freunden zu buckeln?“
Sie küsste ihn auf die Wange. „Und ich liebe Dich, Vater. Doch zu lieben
bedeutet auch, loslassen zu können. Mein Entschluss steht...“
In diesem Moment wurde garstiges Lachen auf dem Hof laut und Farráh musste
voller Entsetzen Radin erblicken, der lauthals lachend Rakesh an einem Bein
durch das Tor zerrte. Pfeile steckten in Brust, Bauch und Beinen des Sha’Kir
und Blut rann aus seiner Schnauze.
Mit einem Aufschrei riss sich Farráh von diesem Anblick los und rannte hinab zu
Rakesh. Als sie neben ihm auf die Knie fiel, konnte sie es nicht länger leugnen:
Rakesh würde bald sterben. Tränen rannen ihre Wangen hinab, fielen und
versanken in seinem Fell. Der Sha’Kir jedoch lächelte unter Schmerzen und
raunte: „Ich habe Euch doch gesagt, dass es keine Freiheit für einen
Sha’Kir geben kann. Nur den Tod. Es gibt Schicksale...“, er hustete gurgelnd
Blut, „...denen kann man nicht entfliehen.“
„Ich... habe einen Weg gefunden, dem meinen zu entfliehen, mein Freund.“,
sagte sie leise.
„Dann waren all die Wochen vorgetäuschter Flucht nicht umsonst.“, erwiderte
er und lachte Blut spuckend über Radins ungläubigen Blick.
„Du hättest schon beim ersten Mal fliehen können, nicht wahr? Warum hast Du
es nicht getan?“
Rakesh schloss zitternd die Augen und flüsterte schwach: „Jemand musste Euch
doch den Weg aufzeigen, Herrin.“
Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Aber warum?“
„Weil...“ Er sog noch einmal kräftig Luft ein und sagte mit seinem letzten
Atem: „... ich Euer Freund bin, Farráh.“